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Senioren am Steuer: Risiken senken

Für die meisten der heute über 65-Jährigen ist Autofahren selbstverständlich. Vielen von ihnen fällt es schwer, darauf zu verzichten. Sie befürchten Einbussen bei der Mobilität und den Verlust von Lebensqualität. Was können sie tun, um sich im Strassenverkehr weiterhin sicher zu bewegen?

Gemäss der Beratungsstelle für Unfallverhütung bfu verhalten sich Menschen ab 65 Jahren
im Strassenverkehr grundsätzlich verantwortungsbewusst. Sie fahren selten alkoholisiert,
sind weniger häufig nachts unterwegs, schnallen sich im Auto an und fahren kaum zu
schnell. Trotzdem sind Seniorinnen und Senioren die am meisten gefährdete Altersgruppe
im Strassenverkehr. Die Wahrscheinlichkeit, an einer Unfallverletzung zu sterben, ist bei
ihnen besonders hoch. 84 Senioren sterben durchschnittlich pro Jahr bei Verkehrsunfällen.
31% der Todesopfer sind Fussgängerinnen und Fussgänger. Ein zunehmendes Problem
sind zudem E-Bike-Unfälle: 2021 wurden im Schweizer Strassenverkehr bei E-Bike-Unfällen
206 ältere Menschen getötet oder schwer verletzt.

Veränderungen im Alter

Die Gründe für die hohe Gefährdung von älteren Menschen im Strassenverkehr sind
physische und mentale Veränderungen, die uns im Alter ereilen. Das Alter wirkt sich auf den ganzen Organismus aus: Kraft und Beweglichkeit schwinden, die Sicht und das Gehör
verschlechtern sich, die Reaktionen verlangsamen sich, die Konzentration lässt schneller
nach. Bestimmte Medikamente beeinträchtigen die Fahrtauglichkeit zusätzlich. Was haben wir diesen Veränderungen entgegenzusetzen? Wir können unsere Vorstellungen
von Mobilität ändern und auf das Auto verzichten. Der öffentliche Verkehr ist eine gute und
umweltschonende Alternative. Er ist in vielen Gebieten der Schweiz hervorragend ausgebaut und komfortabel. Politische Anreize dürften helfen, diesen Wechsel zu vollziehen.

So können beispielsweise in einigen Landkreisen Deutschlands Menschen ab 65 ein Jahr lang kostenlos Bus und Bahn fahren, sofern sie dauerhaft auf ihre Fahrerlaubnis verzichten.
Wir können aber auch, sofern wir auf das eigene Auto noch eine Zeitlang nicht verzichten
wollen oder können, unser Fahrverhalten anpassen. Sich genügend Zeit nehmen, Fahrten
gut planen, auf Fahren bei Dunkelheit verzichten, Stosszeiten meiden – kurzum all das tun,
was wir dank den Vorteilen tun können, die wir haben: Zeit und Erfahrung.

Fahrtüchtigkeit prüfen

Ebenso wichtig ist es, die Fahrtüchtigkeit regelmässig prüfen zu lassen. Nicht nur bei den
obligatorischen medizinischen Kontrolluntersuchungen, zu denen über 75-Jährige verpflichtet sind. Sondern und vor allem durch regelmässige Checks am Ort des Geschehens, also im Strassenverkehr.

Der Verband Senior Drive setzt sich für eine sichere und kompetente Mobilität der älteren
Autofahrerinnen und Autofahrer ein. Der Verband, der auch vom Verkehrsclub der Schweiz
VCS empfohlen wird, arbeitet mit Ärztinnen und Ärzten, Kliniken, Versicherungen, Behörden und weiteren Institutionen zusammen und bildet Fahrlehrerinnen und Fahrlehrer zu sogenannten Seniordrive Coaches aus.

Wir haben Brigitte Imbach-Keiser, selbständige Fahrlehrerin, ausgebildete Coachin für
Seniorfahrberatungen und Vorstandsmitglied Schweizerischer Fahrlehrerverband (SFV)
Sektion Zug, über die Risiken und Tücken des Autofahrens befragt:

Brigitte Imbach-Keiser, welche Risiken birgt das Autofahren aus Ihrer Sicht speziell für Seniorinnen und Senioren?

Autofahren und ein hohes Lebensalter schliessen sich gegenseitig nicht aus. Seniorinnen und Senioren sollten sich aber kritisch mit den eigenen Fähigkeiten auseinandersetzen. Dazu ist es notwendig, die mit dem Alter einhergehenden Veränderungen zu verstehen und zu wissen, welche Relevanz sie für das Autofahren haben. Ungetrübte Wahrnehmung,
Reaktionsvermögen und ausdauernde Aufmerksamkeit sind zentrale Grundvoraussetzungen für eine sichere Verkehrsteilnahme. Das zunehmende Alter kann allerdings zu Leistungseinbussen führen, die oftmals nicht schlagartig auftreten, sondern sich schleichend ankündigen. Je älter der Mensch wird, desto mehr nehmen Beweglichkeit und Körperkraft ab. Krankheiten wie z. B. Arthrose können die Beweglichkeit noch weiter beschränken. Dies erschwert vielen Seniorinnen und Senioren das Einsteigen ins Auto und das Durchführen von Fahrmanövern wie Wenden oder Einparken. Aber auch Schulterblicke sind durch Versteifungen im Halswirbelbereich häufig nur noch eingeschränkt möglich. Natürlich gibt es inzwischen viele elektronische Helfer im Auto, jedoch sollte man sich auf sie nicht zu sehr verlassen. Der Mensch soll und muss immer noch die letzte Entscheidung treffen.

Ältere Autofahrende haben in der Regel sehr viel Erfahrung, kompensiert dies die
Risiken nicht?

Der Schein trügt. Natürlich sammelt jeder Mensch über die Jahre viele Erfahrungen im Strassenverkehr. Aber mit der Zeit schleichen sich immer mehr Fehler ein, und die Selbstüberschätzung des eigenen Fahrkönnens kann fatal enden. Der demografische Wandel dürfte zu mehr Unfällen führen, die Anforderungen im Strassenverkehr werden immer komplexer und schneller. Natürlich bleiben Menschen bis ins hohe Alter lernfähig, durch adäquate Trainings können einige der kognitiven Leistungsverringerungen bis zu einem gewissen Grad kompensiert werden. In der Schweiz sind die über 75-jährigen Inhaberinnen und Inhaber einer Fahrerlaubnis beispielsweise verpflichtet, alle zwei Jahre eine verkehrsmedizinische Kontrolluntersuchung zu absolvieren. In der Regel erfolgt diese beim Hausarzt oder bei der Hausärztin. Die älteren Autofahrenden werden auf Beeinträchtigungen des Sehens, Hörens und der Bewegungsfähigkeit untersucht.

Was können ältere Autofahrende tun, um sich sicherer durch den Strassenverkehr zu bewegen?

Die Reaktionsfähigkeit kann im Alter nachlassen. Eine Automatikschaltung wirkt dem etwas
entgegen, da weniger zu beachten ist. Bei der Fahrt- oder Reisevorbereitung sollte man zeitlich grosszügig planen und dabei so gut es geht vertraute Routen wählen. Stau- oder Stosszeiten sollte man vermeiden. Genügend Abstand zum Vorderfahrzeug halten, das verschafft die Zeit, um auf Veränderungen zu reagieren oder bestimmte Fahrmanöver einzuleiten Sehr zu empfehlen ist eine Feedbackfahrt für Seniorinnen und Senioren. Es gibt Fahrlehrerinnen und Fahrlehrer, die sich in einer anspruchsvollen Weiterbildung zum Coach für Senioren ausgebildet haben. Dabei wird bei einer Testfahrt gezielt die aktuelle Fahrbereitschaft geprüft. Anschliessend werden die individuellen Verbesserungs- und Vorsichtsmassnahmen besprochen. Natürlich haben diese Fahrten keinerlei administrative Auswirkungen auf den Führerschein. Ich selbst verfüge auch über diese Ausbildung.


Hier finden Sie weitere Informationen:

Die Beratungsstelle für Unfallverhütung bfu bietet allgemeine Informationen
(https://www.bfu.ch/de/dossiers/senioren-im-strassenverkehr) und einen Check zur
Fahrsicherheit (https://www.fahrsicherheitscheck.ch).

Der Verband Seniordrive bildet Senior Drive Coaches (https://seniordrive.ch) aus (siehe auch Interview mit Brigitte Imbach-Keiser).

Der Touring Club der Schweiz TCS (https://www.tcs.ch/de/testberichte-ratgeber/
ratgeber/verkehrsteilnehmer/senioren.php) und der Verkehrsclub der Schweiz VCS
(https://www.verkehrsclub.ch/ratgeber/senioren) haben Ratgeber publiziert.

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2 Kommentare

  1. Im Interview mit Brigitte Imbach-Keiser kommt klar zum Ausdruck, welche Risikofaktoren (u.a. sind Reaktionsvermögen und ausdauernde Aufmerksamkeit vermindert, Beweglichkeit und Körperkraft nehmen ab) bei älteren Autofahrerinnen und -fahrern bestehen und mit welchen unzureichenden «Massnahmen» dem entgegengewirkt werden soll: Automatikschaltung, Fahrt- oder Reisevorbereitung zeitlich grosszügig planen vertraute Routen wählen, Stau- oder Stosszeiten vermeiden, genügend Abstand zum Vorderfahrzeug halten, um auf Veränderungen zu reagieren oder bestimmte Fahrmanöver einzuleiten.
    Das Fazit für mich: Ältere Autofahrende sind im heutigen aggressiven Strassenverkehr überfordert und sollten in ihrem eigenen, jedoch ebenso sehr im Interesse der übrigen Verkehrsteilnehmenden spätestens ab Alter 75 aufs Autofahren verzichten. Dies ist umso mehr gerechtfertigt, als wir in unserem Land über einen dichten, flächendeckenden Fahrplan des Öffentlichen Verkehrs verfügen, der noch immer weiter verdichtet wird und der noch über beträchtliche ungenutzte Kapazitäten verfügt.

  2. Ich bin 75 Jahre alt, bin körperlich fit, gehe 2 bis 3 mal ins Fitness, fahre Velo, spiele in einem Orchester Querflöte, kurz: Ich fühle mich dem Strassenverkehr am Steuer auch gewachsen.
    Meine Meinung zum Artikel: Der Hausarztest „isch für d Füchs“.
    Jede/r Senior:in sollte regelmässig mit einem/r unabhängigen Fahrlehrer/in auf die Strasse. Nur so ist eine objektive Beurteilung überhaupt möglich.

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