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Arbeit als Reiz des Lebens

Benedikt Weibel, ehemals oberster Eisenbahner, beschreibt in seinem Buch «Warum wir arbeiten», wie Arbeit die menschliche Existenz prägt. Er stellt den Wandel im Lauf der Zeit vor, auch was wir in Zukunft von der Arbeit erwarten können.

Benedikt Weibel war mir vor allem als Chef der SBB bekannt. Zwischen 1993 bis 2006 leitete er die Schweizerischen Bundesbahnen, war aber bereits seit 1975 nach einem Wirtschaftsstudium im Betrieb tätig. Als Hobbysportler ist er diplomierter Bergführer, als Dozent lehrt er an der Universität Bern Praktisches Management. Seit 2012 publiziert er Bücher mit grossem Erfolg.

Autorenporträt Benedikt Weibel. Foto: Christoph Gerber
Der Titel «Warum wir arbeiten. Sinn, Wert und Transformation der Arbeit» hat mich neugierig gemacht. Arbeit gehört zu den wichtigsten Lebensthemen; sogar nach der Pensionierung sind wir bereit, freiwillig, auch unbezahlt, zu arbeiten. Der Autor eröffnet dieses vielschichtige Phänomen mit zahlreichen Zitaten und fügt es in sechs Kapiteln in einem grossen Bogen zusammen.

Die Arbeit und die Frage nach ihrer Zukunft bewegt die Menschen, und weil man Zukunft nur aus der Vergangenheit verstehen kann, schreibt Benedikt Weibel, stellt er die Geschichte der Arbeit mit ihren Umbrüchen und Zäsuren an den Anfang seines Buches. Er erkennt in der historischen Entwicklung der Arbeit Wellenbewegungen, die sich immer menschengerechteren Formen annähern: Von der Gesellschaft der Vorzeit, wo mit rhythmischen Lauten und unter gemeinsamer Kraftanstrengung Arbeiten bewältigt wurden und sich dabei eine Sprache formte, über die Erschliessung von Grund und Boden für die eigene Lebenssicherung bis zur Urbanisierung, als der Raum gesellschaftlich neu organisiert wurde, Handwerk und Handel eine Rolle spielten, zahlreiche Erfindungen entstanden, welche die Industrialisierung förderten, bis zur Digitalisierung unserer Zeit.

«Arbeit ist die notwendige Bedingung zur Erhaltung der Gesellschaft», schrieb Karl Marx. Arbeit stiftet Sinn und prägt die Identität. Darum ist die «Nicht-Arbeit» ein ebenso grosses Thema, hinter welchem die Angst vor Armut steckt. Die Armenfürsorge gehörte ursprünglich zum karitativen Auftrag der Kirche, war aber stets mit Problemen verbunden. Selten reichten die Almosen zum Überleben und viele Betroffene behalfen sich mit Bettelei, Schmuggel, Diebstahl oder Prostitution. 1551 erliess die Tagsatzung in der alten Eidgenossenschaft erstmals eine Verordnung, die jede Gemeinde als Heimatort bzw. Bürgerort verpflichtete, für ihre Bürgerinnen und Bürger zu sorgen, wenn sie verarmten. Erst seit 2012 ist der Wohnsitz für die Sozialhilfe zuständig, doch wird der «Heimatort» in der Schweiz bis heute im Schweizer Pass und auf der Identitätskarte eingetragen.

Die Industrialisierung brachte die Erwerbsarbeit, bei der man eine Arbeitsstelle auch verlieren konnte. Der Begriff Arbeitslosigkeit tauchte im deutschsprachigen Raum erst um 1880 auf. Nicht Armut, sondern Arbeitslosigkeit stand nun im Gegensatz zur Arbeit. Da in der Marktwirtschaft bis heute mit unregelmässigen Konjunkturzyklen zu rechnen ist, beschreibt der Autor auch verschiedene gesellschaftliche Modelle, welche Wirtschaftskrisen, wie in den 1920er Jahren, aufzufangen versuchten, oder neuere Ideen und Konzepte, wie das bedingungslose Grundeinkommen, die auf Utopien des 18. Jahrhunderts zurückgehen.

Den Befürchtungen, die Arbeit könnte uns in der Zukunft ausgehen, widmet der Autor mehrere Kapitel. Dazu studierte er zahlreiche Fachschriften, die zum Schluss kommen, dass jede Umwälzung zwar Arbeitsstellen tilgt, dafür nach einer Stagnation umso mehr neue, andersartige Stellen schafft, auf die sich die Gesellschaft einstellt. So erweiterte sich in den letzten Jahren der Dienstleistungssektor und die Digitalisierung bietet neue Arbeitsmöglichkeiten, wie der Fachkräftemangel heute zeigt. Aber auch der Staat, die Unternehmen, die Gewerkschaften sowie die Mitarbeitenden sind gefordert, damit «die Zukunft gelingen kann», so der Autor.

Arbeit im digitalen Bereich, auch freiwillig von Seniorinnen und Senioren. Foto: rv

Die Ängste vor einem Crash sind auch bei bester Wirtschaftslage unterschwellig vorhanden. Dass der «Crash» überraschend kommen könnte, nicht verursacht durch die Handelspolitik, sondern durch ein winziges Virus, war noch nicht absehbar, als Benedikt Weibel sein Manuskript im Januar 2020 dem Verlag übergab. Die turbulenten Folgen des Coronavirus für die Wirtschaft konnte er deshalb nur noch im Epilog vom Juni kurz streifen – sie bieten gewiss Stoff für ein nächstes Buch.

Benedikt Weibel, Warum wir arbeiten. Sinn, Wert und Transformation der Arbeit. 239 S., NZZ Libro, 2020. ISBN 978-3-907291-04-7

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