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Spielen Musiker gerne openair?

Im Juni geht jeweils die Konzertsaison zu Ende. Der 36jährige Geiger Sebastian Bohren ist viel auf Tournee, lebt mit seiner Familie in Zürich und veranstaltet Konzerte in seiner Heimatstadt Brugg. Was schätzt er am Sommer?

Seniorweb: Sebastian Bohren, Sie sind als Musiker viel unterwegs. Was bedeutet Ihnen der Sommer?

Sebastian Bohren: Normalerweise mache ich im August eine längere Konzertpause, dann gehe ich in den Schweizer Bergen wandern oder mit der Familie nach Korea, zu meinen Schwiegereltern. Nach einer Pause werde ich bald wieder die Geige in die Hand nehmen, um meine Violintechnik wieder von Grund auf aufzubauen – mit dem Repertoire für die kommende Saison. Ich mag es sehr, dass man im Sommer viel Energie hat – wahrscheinlich durch das Sonnenlicht. Ich schwimme auch sehr gerne oder mache draussen Sport.

Sebastian Bohren spielt seine alte Meistergeige Guadagnini lieber in geschlossenen Räumen – dort windet es nicht.

Im Sommer wird Klassisches gerne openair gespielt, was akustische Einbussen zur Folge hat. Spielen Sie gerne openair?

Naja, eigentlich nicht so gerne! Ich habe aber letztes Jahr in Rumänien, in Hunedoara, vor der Burg des Grafen Dracula (!) das Mendelssohn Violinkonzert openair gespielt. Das hat mir Spass gemacht. Wenn es aber auf der Bühne plötzlich windet, kann das recht unangenehm sein.

Sie sind ein gefragter Musiker, auch im Ausland. Daneben engagieren Sie sich aber auch in Ihrer Heimatstadt Brugg mit einer eigenen Konzertreihe Stretta concerts. Was reizt Sie daran?

Als ich 14 Jahre alt war, hat mir mein Vater vorgeschlagen, mir selbst mehr Auftrittsmöglichkeiten zu suchen, um Erfahrung zu sammeln. Deshalb habe ich angefangen, in Gottesdiensten als Gastmusiker aufzutreten. Ich lernte dann die imposante Stadtkirche in Brugg kennen und träumte davon, dort einmal ein Konzert zu spielen. Mit 19 Jahren habe ich dann kurzherhand ein eigenes Konzert organisiert und habe seither nicht mehr aufgehört. Daraus wurden die Stretta Concerts, die wir bis heute mit freiem Eintritt und Kollekte veranstalten. Erfreulicherweise können wir mittlerweile auf ein grosses Stammpublikum zählen. Bei uns gastieren die grossen renommierten Orchester und Kammerorchester aus Basel, Zürich, Winterthur, Lugano und Luzern. Es bereitet mir enorme Freude, meine Visionen in die Tat umzusetzen.

 Und nun lancieren Sie in Brugg anfangs September auch noch ein eigenes Musikfestival. Aus welchem Grund?

Das neue Brugg Festival ist die folgerichtige Entwicklung der Stretta Concerts und richtet sich an ein jüngeres Publikum: wir wollen noch näher am Puls der Brugger Bevölkerung dran sein, die Stadt soll während der Festivalwoche die Musik richtig «atmen». Wir möchten etwas aufbauen, das die Region und den ganzen Kanton Aargau nachhaltig bereichert. Zur ersten Festivalausgabe nehmen über 450 Schüler an Voraufführungen, Generalproben und Konzerten teil. Jeder Brugger Schüler kann zudem gratis unsere Konzerte besuchen, unterstützt von einer Brugger Stiftung. Wir machen Vermittlungsarbeit für das Publikum der Zukunft, ganz an der Basis!

Sie spielen ein wertvolles Instrument, eine Guadagnini Violine von 1761. Wie empfindlich ist so ein Instrument gegenüber Temperaturschwankungen?

Meine Guadagnini ist zum Glück keine Diva. Sie ist eher ein zuverlässiger Spiegel meiner Form als Geiger: Wenn ich sehr gut vorbereitet bin und viel übe, kann ich mich sehr auf sie verlassen. Es gibt aber auch Geigen, die weniger konstant sind: Von 2013 bis 2017 spielte ich eine sehr schöne Stradivari, die aber sehr empfindlich und klanglich schnell irritiert war. Ich hatte den Eindruck, alle acht Wochen beim Geigenbauer die Geige wieder „aufstellen“ zu müssen, mit neuen Saiten etc. Aber auch diese Geige hat mir enormes Glück beschert, und ich vermisse sie manchmal sogar noch!

«Ich würde am liebsten stundenlang wandern», sagt Bohren. Er liebt die Berge. (Bilder Valentin Luthiger)

Sie spielen auch gerne moderne Violinkonzerte. Eignet sich Ihr historisches Instrument auch für neuere Töne?  

Es gibt keinen Unterschied zwischen alten und neuen Geigen bezüglich des Repertoires, das man auf ihnen spielen kann. Es gibt nur die Kategorie «gute» oder «schlechte» Geige, das hat oft mit dem Alter gar nichts zu tun. Um die alten Instrumente wird aber ein Mythos gebaut, auch sind sie zu Spekulationsobjekten geworden. Im Blindtest kann sie aber auch der beste Musiker oft nicht unterscheiden, oder er bevorzugt gar eine moderne Geige!

Sommer ist für viele Menschen auch Freizeit. Was machen Sie, wenn Sie nicht mit Musik beschäftigt sind?

Leider kommt bei mir die Freizeit momentan viel zu kurz, was auf Dauer nicht so bleiben kann. Ich geniesse vor allem die Zeit mit meiner Familie, mit meiner Frau und meinem kleinen Sohn. Ich bin gerne in der Natur, ich würde am liebsten wochenlang wandern.

Mit einem Klick zu den publizierten Beiträgen der Sommer-Serie «7 Fragen zum Sommer»:

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