StartseiteMagazinKolumnenAbschied von Marthe Gosteli

Abschied von Marthe Gosteli

Marthe Gosteli, Kämpferin für Frauenrechte, ist in ihrem hundertsten Lebensjahr gestorben.

„Wir müssen dann daran denken“, sagte mir eine Freundin, die Marthe Gosteli nahe stand. „Kurz vor Weihnachten wird sie hundert Jahre alt werden“. „Das werden die Frauenorganisationen sicher nicht vergessen“, antwortete ich. Jetzt können wir den Merkzettel wegstecken. Marthe Gosteli, geboren am 22. Dezember 1917, ist am 7. April 2017 verstorben. „Sie befand sich nach einem Sturz in Pflege“, teilte die Gosteli-Stiftung mit.

Marthe Gosteli hat die Geschichte der Schweizer Frauen geprägt wie keine Zweite. Einerseits dadurch, dass sie Akteurin war. Ihre ganze Kraft, ihre ganze Erfahrung stellte sie in den Dienst der Frauen. Sie bekleidete entsprechende Ämter, war Präsidentin des bernischen Frauenstimmrechtsvereins, Vizepräsidentin des Bundes Schweizerischer Frauenvereine BSF und präsidierte 1970/71 die Arbeitsgemeinschaft der Schweizerischen Frauenverbände für die politischen Rechte der Frau. Diese Organisation und mit ihr Marthe Gosteli waren wesentlich daran beteiligt, dass des Frauenstimmrecht 1971 in der Schweiz eingeführt wurde.

Marthe Gosteli setzte sich aber auch dafür ein, dass die Geschichte der Schweizer Frauen, so auch der lange und steinige Weg zur Erlangung der politischen Rechte, nicht in Vergessenheit geriet. 1982 gründete sie die Gosteli-Stiftung als Trägerin des Archivs zur Geschichte der schweizerischen Frauenbewegung. Heute umfasst das Archiv über 400 Bestände von Frauenrechtsorganisationen, Frauenverbänden und einzelnen Frauen, die in Politik, Wirtschaft, Bildung, Kultur, Gesellschaft und Familie eine führende Rolle gespielt haben. Das Archiv gilt als wichtige Quelle für die Erforschung der Frauengeschichte in der Schweiz.

Für Marthe Gosteli war die Emanzipation der Frauen die „grösste unblutige Revolution“ in der Geschichte. Und dieser gewaltige gesellschaftliche Umbruch sollte ihrer Meinung nach in den Geschichtsunterricht, in den Lehrplan, in das allgemeine Geschichtsbewusstsein Eingang finden. Deshalb gründete sie das Archiv und beherbergte es in ihrem Elternhaus, damit dieser langwierige Prozess auch für nachfolgende Generationen dokumentiert bleibt. Denn „ohne Kenntnis der Geschichte gibt es keine Zukunft“ war ihre häufig geäusserte Überzeugung.

Es ist interessant, Meinungen von Marthe Gosteli mit heutigen Auffassungen zu vergleichen. Die Beiträge von Mann und Frau an das gesellschaftliche und politische Leben sollten gleich gewichtet und gleich gewertet werden, war ihre Ansicht. „Gleichmacherei“ hingegen war ihr ein Gräuel. Skepsis zeigte sie der Auffassung gegenüber, Kind, Beruf und Karriere könnten einfach so unter einen Hut gebracht werden. Sie verzichtete persönlich bewusst auf Ehe und Familie, sie hätte sonst ihren grossen Einsatz für die Frauen nicht leisten können, erklärte sie immer wieder. Frauenquoten waren nicht ihr Ding. Und zum Frauentag sagte sie sinngemäss in einem Interview bei Radio SRF: „Warum muss es ein Frauentag sein, kann es nicht ein Tag sein für alle? Ein Tag der Menschenrechte, ein Tag der Gleichberechtigung für Frau und Mann?“

Marthe Gosteli war eine eigenständige, starke, kämpferische Frau. Bis ins hohe Alter verfocht sie die Frauenthemen, für die sie sich zeitlebens eingesetzt hatte.

Anlässlich ihres Todes äussert sich die Gosteli-Stiftung, dass das Lebenswerk von Marthe Gosteli im Sinne der Stifterin und Gründerin weitergeführt werden soll. Das ist für Marthe Gosteli, die in ihrem Leben unzählige Auszeichnungen bekommen hat, der grösste Dank, der ihr für ihr Leben und Wirken zum Ausdruck gebracht werden kann!

Die Abdankungsfeier, zu der alle eingeladen sind, findet am Freitag, 21. April 17, um 14.30 Uhr in der Kirche Bolligen statt.

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