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Botschaften aus Habalukke

Zeugnisse einer längst vergangenen Zivilisation zeigt das Neue Museum Biel in einer erstaunlichen Ausstellung.

Die Statuetten kommen uns irgendwie vertraut vor. Sie sind in ihrer Art einzigartig – und doch rufen sie uns frühe Kunstwerke aus anderen Regionen in Erinnerung. An Kulturen des mesopotamischen Raumes, an minoische Kunst auf Kreta, aber auch an afrikanische Figuren denken wir. Kommen uns nicht auch moderne Werke in den Sinn? Die Expressionisten – auch die Dadaisten – haben sich von der Kunst aussereuropäischer Völker stark inspirieren lassen. Und schliesslich liegt auch der Gedanke an die schmalen, langgezogenen Skulpturen von Alberto Giacometti nicht fern.

habalukke singender könig

Der singende König, Ton, Bronzezeit (2800-1400 v. Chr.) Nationalmuseum Sehnah © NMB, Patrick Weyeneth

Das Neues Museum Biel zeigt nun zum ersten Mal an diesem Ort eine Retrospektive, die den Werken der frühgeschichtlichen Mittelmeerzivilisation Habalukke gewidmet ist. Diese aussergewöhnlichen Stücke, wie der bekannte «Singende König», stellt das Museum Habalukke, das Nationalmuseum der Insel Sehnah, zur Verfügung. Sie stammen vorwiegend aus der Sammlung des Oberst Walter Affolter, die dieser zwischen 1902 und 1939 aufgebaut hat.

Wie konnten die Archäologen und Frühhistoriker bisher das Schaffen der Habalukke ausser Acht lassen? Es war nämlich ebendieser Solothurner Oberst Affolter (1878 – 1964), der 1902 auf der Rückkehr von einer Studienreise durch die Kykladen auf die Insel Sehnah gelangte. Er entdeckte eine vergessene Zivilisation, Habalukke, und grub bei seinen häufigen Aufenthalten zahlreiche Artefakte aus zwei verschiedenen Epochen aus.

Habalukke – nichts als Habakuk?

Nein, ein Aprilscherz im üblichen Sinne ist Habalukke nicht. Eine kunstreich geschaffene Fiktion allerdings schon. Der zeitgenössische Berner Künstler Hans-Ulrich Siegenthaler erweckt auf sehr sorgfältige und durchdachte Art eine auf allen Landkarten fehlende Insel zum Leben. Walter Affolter ist niemand anders als das alter ego des Künstlers. Unter diesem Pseudonym kreiert Siegenthaler Artefakte, die von allen Kunstbereichen inspiriert sind: Skulpturen, Fundtafeln, Modelle von Ausgrabungen u.a. Er erfindet einen Briefwechsel mit Carl Irlet, einem kundigen Liebhaber der Archäologie aus Twann (BE), der während der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts Pfahlbauobjekte aus dem Bielersee sammelte. Siegenthaler gestaltet das Leben auf der Insel Sehnah realistisch und mit vielen Détails. Sehr frei adaptiert er dafür Teile der schweizerischen Strukturen. So erscheint auch eine Sonderausgabe der «Berena News», der Zeitung der Republik Sehnah. Beeindruckend, wie vielseitig Siegenthaler sein Sehnah-Reich gestaltet hat, mit Museum, Schifffahrt und einem Tourismusbüro.

habalukke figurinen

Bronzezeitliche Terrakotta-Statuetten mit Gold und Lasurit (2800-1400 v. Chr.). © NMB, Patrick Weyeneth

Der Name der Insel, die irgendwo zwischen Kreta und Malta gelegen sein soll, ist wörtlich zu verstehen: Seh-nah. Es gilt, genau hinzuschauen, um zu begreifen, was uns in dieser Schau zwischen Phantasie, Fiktion und Realität bewegt. Liegen doch oft genug Wirklichkeit und Traum nebeneinander – mit einem beunruhigend verschwommenen Streifen dazwischen. Es verwirrt uns, die Hymne der Republik Sehnah aus dem Lautsprecher zu hören, zahllose Objekte und Dokumente ganz real anzuschauen, in einem durchaus seriösen Museum ausgestellt – und doch ist alles nur ausgedacht, nur Imagination eines erfinderischen Menschen. Lässt sich nicht auch ein leicht ironischer Seitenhieb auf den Kunstbetrieb ausmachen? Dieser Spannung nachzuforschen, dazu lädt diese ungewöhnliche Ausstellung ein.

habalukke, 11 notable«Rat der zehn Adligen» (um 2800 v. Chr.) © NMB, Patrick Weyeneth

Das Neue Museum Biel, dessen ständige Sammlung ebenfalls einen Besuch wert ist, zeigt HABALUKKE noch bis 29. Mai 2016.

Veranstaltungen zur Ausstellung

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