StartseiteMagazinKultur"Der Traum von dir"

«Der Traum von dir»

Eine neue Kammeroper, ein Libretto auf eine Novelle von Stefan Zweig und Musik des Schweizer Komponisten Xavier Dayer. Kann das? soll das? muss das sein?

Stefan Zweigs Novelle „Brief einer Unbekannten“ erschien bereits 1922. Ein erschütterndes Bekenntnis einer zu Tode verliebten jungen Frau, an die sich der Liebhaber genau so wenig wie an das mit ihr gezeugte Kind erinnern kann, schreit sich die Seele aus dem Leib, nachdem ihr Kind auch noch verstorben ist.

Die nach wie vor berückende Sprache Zweigs zeigt aber leider ein ziemlich antiquiertes, ältliches Frauenbild mit sattsam bekannten Klischees, bei dem man sich fragt, ob ihm ein mehr oder weniger neuzeitliches Klanggewand nicht in die Quere kommt. Gerade jetzt, wo eine Vielzahl von Frauen den Mut fassten, den sexuell konnotierten Ausbund an hemmungslosen Lüstlingen zu entlarven, macht der Librettist Claus Spahn aus dem Täter quasi ein Opfer, der sich der Geliebten – in der Kammeroper aufgefächert auf drei Frauenfiguren – kaum noch zu erwehren weiss. Das ist sehr wohl gut gemeint, aber doch reichlich abgestanden und gerät in die Nähe von männerverzehrenden Weibsbildern, die sich mit Haut und Haar ins Verderben reiten.

Aus 1 mach 3: die drei Unbekannten und ihr Liebhaber / Fotos © T+T Tanja Dorendorf

Kammeropern für die Schublade? 

Der 1972 in Genf geborene und heute an der Kunsthochschule Bern Komposition dozierende Xavier Dayer hat schon ein ganzes Repertoire an Kammeropern erarbeitet. Seine Schreibweise ist gefällig, hat lyrisches Flair, bekennt sich zum Madrigalstil des 16. Jahrhunderts, weiss aber mitunter in den Solopartien auch expressive Dramatik beizusteuern. Aber solche Musik ist schon vor hundert Jahren komponiert worden.

Die sechs zwar tadellos aufspielenden Instrumentalisten und ihr Dirigent Michael Richter bleiben leider ohne jeden Biss, und ich habe mich gefragt, ob Xavier Dayer vor lauter Auswegen aus der Dissonanz-Sackgasse eine Klangsprache findet, die mehr ist als eklektische Retro-Musik. Immerhin sollte dem Projekt des Zürcher Opernhauses unsere Sympathie gelten, junge Komponisten mit Werkaufträgen zu unterstützen, denn das ewiggleiche Repertoire wird eine jüngere Generation wohl immer weniger in den Musentempel seligen Andenkens locken.

Soyoung Lee und Kismara Pessatti buhlen um die Gunst von Cody Quattlebaum

Die Ausstatterin Barbara Pfyffer setzt eine weisse Bank wie eine Achterbahn aufwallender Gefühle in eine Art Endlosschleife auf die Studiobühne, in der sich die drei Unbekannten und der Schriftsteller in wechselnden Begegnungen und irrlichternen Träumen und Sehnsüchten zurechtfinden müssen. Gesanglich und darstellerisch zeigen Soyoung Lee, Hamida Kristofferson, Kismara Pessatti und Cody Quattlebaum, dass sie Zürich als Sprungbrett für eine verheissungsvolle Karriere einnehmend zu nutzen wissen, was auch für Nina Russi gilt, die immer wieder für überzeugende Inszenierungen verantwortlich zeichnet.

Weitere Vorstellungen: 5., 7. und 9. Dezember 2017, je 19 Uhr auf der Studiobühne

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