StartseiteMagazinGesellschaftDie Rolle des Schlafs für das Gedächtnis

Die Rolle des Schlafs für das Gedächtnis

Das Zentrum für Gerontologie der Universität Zürich eröffnet seine im Frühjahr 2014 begonnene Vortragsreihe mit dem Thema: Schlaf und Gedächtnis im Alter.

Wer hätte nicht schon selbst einmal erfahren, dass der Schlaf nicht nur auf unser allgemeines Wohlergehen, sondern auch auf unsere physische Gesundheit sowie unsere geistige Präsenz Einfluss hat. Die gegenwärtige Reihe des Zentrums für Gerontologie «Wahrnehmung im Alter und des Alters» greift mit der Bedeutung des Schlafs für die Wahrnehmung eine Frage auf, mit der wir uns wohl alle schon beschäftigt haben.

Maren Cordi, Doktorandin am Institut für Biopsychologie der Universität Zürich, konnte damit rechnen, dass vieles aus Erfahrung bekannt ist, sie wies aber auch auf überraschende Forschungsergebnisse hin. Statistische Untersuchungen zeigen beispielsweise, dass Männer als Erwachsene und auch im Alter eher etwas länger schlafen als Frauen, wenn man ein Mittel der Schlafdauer von ca. 7 Stunden annimmt. Bei denen, die normalerweise 8-9 Stunden schlafen, besteht kein nennenswerter Unterschied mehr. – Erstaunlich!

dipl. psych. Maren Cordi; Biopsychologie (Prof. Björn Rasch) Universität Zürich

Im Laufe des Lebens verändert sich unser Schlafrhythmus, eine Tatsache, die allen geläufig ist, die Kinder aufgezogen haben. Für viele Erwachsene ist das Mittagsschläfchen eine wichtige Erholungspause, die von den Wissenschaftlern zur Gesamtmenge des Schlafes dazugezählt wird. Senioren und Seniorinnen wissen es: Mit zunehmendem Alter wachen wir nachts häufiger auf. Diese Tendenz zu einem polyphasischen Verlauf des Schlafes ist eine normale Entwicklung.

Der Schlaf-Wach-Rhythmus wird im Gehirn reguliert, genau gesagt vom suprachiasmatischen Kern («innere Uhr»), der mit der Epiphyse in Verbindung steht. Dieses «Schlafzentrum» reagiert auf Hell-Dunkel und auf die Hormone Cortisol und Melatonin. Am Abend steigt der Melatoninspiegel und damit die Schlafbereitschaft an, der Cortisolspiegel nimmt ab.

Der Tagesrhythmus eines alten Menschen ändert sich jedoch: Die Aktivität des suprachiasmatischen Kerns schwächt sich ab, was am Abend zu geringerer Ausschüttung von Melatonin führt bei ebenfalls geringerer Abnahme des Cortisolspiegels. Zudem reduziert sich die Empfindlichkeit auf Hell und Dunkel.

«Gut schläft, wer nicht merkt, dass er schläft.» (Arthur Schopenhauer)

Adrian Ludwig Richter: «Grossvater und Enkelin schlafend» /commons.wikimedia.org

Derjenige kann gut ruhen, der sich über seinen Schlaf nicht zu sorgen braucht. Maren Cordi wies jedoch darauf hin, dass ältere Menschen in Befragungen generell die Qualität ihres Schlafes schlechter einschätzen als Jüngere. Sorgen und Ängste sind zudem Feinde des guten Schlafs! Unabhängig davon ist es eine Tatsache, dass bei alten Menschen eine schlechtere Schlafeffizienz besteht, d.h.: sie liegen im Bett und können nicht schlafen.

1920 begann der Neurologe Hans Berger, die hirnelektrischen Aktivitäten mit dem Enzephalogramm zu messen und damit den Schlaf und seine Phasen zu untersuchen. Auch darüber gehört vieles inzwischen zum Allgemeinwissen: Wir wissen, dass es Einschlaf- und Tiefschlafphasen gibt und dazwischen die Traumphasen, REM-Phasen genannt. Zur wissenschaftlichen Beurteilung des Schlafes erstellt man aus den drei Indikatoren – Enzephalogramm, Messung der Augenbewegungen und Messung der Muskelbewegungen im Gesicht (Kinn) – ein Polysomnogramm. Daraus werden in Alter mehr und längere Wachphasen während der Nacht ersichtlich und die Beobachtung, dass der Tiefschlaf alter Menschen weniger Tiefe erreicht. Das steht im Zusammenhang mit der Struktur der grauen Substanz im Gehirn: Die Dichte der grauen Hirnsubstanz im Alter nimmt ab. Je dichter die graue Substanz im vorderen Bereich des Grosshirns ist, desto besser ist der Tiefschlaf. Die Gründe liegen in den Änderungen im Hormonspiegel und in hirnstrukturellen Veränderungen.

Paula Modersohn-Becker: «Otto Modersohn, schlafend» /commons.wikimedia.org

Wie schon erwähnt, steht die Qualität unseres Schlafes in Beziehung zu Aufmerksamkeit und Gedächtnis. Während wir mit wachsender Lebenserfahrung über ein grosses angesammeltes Wissen verfügen und unsere Handlungsfähigkeit, gesteuert vom Gehirn, nicht nachlässt, verändert sich die Fähigkeit, neue Fakten zu erinnern. Zu diesem Thema, dem Zusammenhang von Schlaf und Gedächtnis, forscht die Referentin in Zürich. Im Tiefschlaf nämlich funktioniert die Übertragung von Informationen aus dem Kurzzeitgedächtnis (im Hippocampus gelegen) ins Langzeitgedächtnis (im Neocortex) besonders gut.

Bei Versuchen im Schlaflabor wurde festgestellt, dass die Fähigkeit, Fakten zu lernen, schlechter wurde, wenn der Tiefschlaf vorher künstlich unterbrochen wurde. Ebenso werden die Lernergebnisse derjenigen signifikant besser, die anschliessend tief schlafen können.

Bei alten Menschen ist die Erinnerungsfähigkeit trotz Schlaf deutlich schlechter. Geringere Schlaftiefe reduziert auch die Aufnahmefähigkeit des Gedächtnisses. Je stärker die Tiefschlafsignale ausschlugen, desto weniger wurde vergessen.

Zwei Wege, dem entgegenzuwirken, schlägt Maren Cordi vor. In ihren Untersuchungen hat sie gute Erfahrungen mit Hypnose gemacht: Wer sich gut auf Hypnose einlassen konnte, hatte einen tieferen Schlaf und nachher eine entsprechend bessere Erinnerungsfähigkeit. Skeptiker, die sich innerlich gegen diese Methode sträubten, erlebten keine Verbesserungen.

Zum anderen hat das Psychologische Institut der Universität Zürich in Versuchsreihen alte Menschen zu sozialen und körperlichen Aktivitäten angeregt: Bei Menschen, die 14 Tage lang täglich 1½ Stunden morgens und ebenso abends aktiv waren, stieg der Tiefschlafanteil in der Nacht deutlich an und gleichzeitig verbesserten sich die Ergebnisse der kognitiven Gedächtnisaufgaben. Auch bei der Reduzierung der Aktivitäten auf die Hälfte (morgens oder abends) zeigte sich eine subjektive Verbesserung des Schlafes und der Aufmerksamkeit bei Lernaufgaben.

Disziplin ist der Schlüssel zum Erfolg, auch beim Schlaf.
Hier einige Vorschläge, die nicht alle neu entdeckt worden sind.

  • Regelmässige Schlafzeiten einhalten
  • Eine schlaffördernde Umgebung schaffen
  • Sich eine regelmässige Routine vor dem Schlafengehen angewöhnen
  • Nicht schlaflos im Bett liegen bleiben (besser: kurz aufstehen und etwas Entspannendes tun)
  • Sportliche Aktivitäten (am Tag)
  • Vermeidung von Drogen (Alkohol, Nikotin, Kaffee)
  • Bei Schlaflosigkeit durch Grübeln: die Gedanken notieren.

Die Vortragsreihe des Zentrums für Gerontologie der Universität Zürich findet alle 14 Tage mittwochs statt.
Der nächste Vortrag: 1. Oktober 2014: Dr. phil. Corinne Holtz, Musikwissenschaftlerin: Musikwahrnehmung und musikalisches Lernen im Alter.

Das gesamte Programm

Titelbild: «Panneau-dormir» © Liquid 2003/ fr.wikipedia

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