StartseiteMagazinGesellschaftEin GA auf Lebenszeit für die Rentner?

Ein GA auf Lebenszeit für die Rentner?

Kurt Schreiber, Präsident der Pro Bahn Schweiz, zum GA auf Lebenszeit, zur Arbeit der Pro Bahn Schweiz und zum Fahrplanwechsel in der Region Zürich.

Kurt Schreiber hat sich von Kindesbeinen an für Eisenbahnen interessiert. Für den öffentlichen Verkehr engagiert er sich seit 1976, politisch in verschiedenen Gremien, als Kantonsrat von 1989 – 2003,  als Präsident der Verkehrskommission Wädenswil bis zum 30. April 2015 und als Präsident von Pro Bahn Schweiz seit 2011.

Mit dem GA Rentner als Dauerkunden gewinnen

Brigitte Poltera: Mitte April schrieb die SonntagsZeitung über  „ein GA auf Lebenszeit“, das für ältere Menschen mit zunehmendem Alter billiger werden soll. Kurt Schreiber, glaubst du an den Erfolg eines solchen Rentner-Generalabos?

Kurt Schreiber: Ausschlaggebend wird der Preis sein. Es sind sehr genaue Berechnungen notwendig. Die Rechnung muss auch für die Bahn aufgehen. Ein Lebenszeit-GA würde wie eine Versicherungspolice funktionieren. Bezieht der Rentner das Abo mit 65 Jahren, so muss die Bahn mit einer Lebenserwartung von 20 Jahren rechnen. Kostet das GA auf Lebenszeit CHF 10‘000, könnte es einen grossen Run darauf geben. Bei CHF 25‘000 würden die Kosten mit dem Kauf eines Autos konkurrenzieren.

Pro Bahn wird das Projekt Lebensend-GA wohlwollend begleiten, sofern die SBB seine Einführung beschliesst. Pro Bahn scheut sich auch nicht, kritisch zu beurteilen und zu sagen, was nicht gut ist. Wie beim GA am Abend, da hatten wir grosse Zweifel. Nach grossem Aufwand und einer Nutzung von nur 10 % werden nun neue Vorschläge erwartet.

Gutes noch besser machen

Du bist Präsident von Pro Bahn Schweiz. Welche Anliegen nimmt dieser Verein wahr?

Pro Bahn will Gutes noch besser machen. Der öffentliche Verkehr in der Schweiz ist gut. Es gibt kaum weder längere Wartezeiten noch lange Anschlusszeiten. Dennoch sind Verbesserungen möglich, manchmal bei Kleinigkeiten, dann wieder offensichtlichere wie unser Einsatz für einen vernünftigen Umgang mit Zuschlägen.

So verfügte die SBB, dass jeder Passagier mit einem gültigen Billet einsteigen muss, ansonsten ihm ein Zuschlag von CHF 100 verrechnet werde. Die SBB griff sehr hart durch. Die CHF 100 entsprachen einer Busse. Die Passagiere wurden teilweise von den Mitarbeitern der Bahn denn auch wie Kriminelle behandelt. Anfänglich unterstützte Pro Bahn die Anliegen der SBB. Im Verlaufe der Zeit häuften sich Vorfälle, die unsere Kritik herausforderten. Unsere Einsprachen wurden von Kassensturz und SRF aufgenommen. SBB CEO Andreas Meyer reagierte und gab den Auftrag, die Situation zu beurteilen.

Dank Pro Bahn handeln Bahnmitarbeiter heute mit Augenmass. Wählt ein Reisender aus Versehen eine falsche Route, so glaubt man ihm das eher.

Eine kleine Verbesserung erreichten wir durch den Vorstoss eines unserer Mitglieder, man könnte in den Zügen neben dem Starbucks-Kaffee auch Bier anbieten.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Bahnhof Luzern

Umfragen zu aktuellen Themen

Pro Bahn führt Umfragen durch zu sehr aktuellen Themen wie zu Stehplätzen in der S-Bahn, Verkaufsstellen auf Perrons, Nutzung des Kursbuchs. Mit rund 80 Antworten ist der Rücklauf eher bescheiden. Wie veröffentlicht ihr eure Fragen?

Einen grossen Widerhall löst Pro Bahn aus durch ihre Pressekommuniqués. Seit 4 1/2 Jahren verfassen wir aktiv Pressemitteilungen. Ich habe mich für diese Kommuniqués eingesetzt, auch dafür, dass wir vermehrt Präsenz markieren und dass die Internetseiten unserer Sektionen laufend aktualisiert werden.

Wir publizieren in unserem Info-Forum, das vierteljährlich erscheint, und geben die Resultate weiter an die Tagespresse, hin und wieder mit Erfolg – wir sind auf den Goodwill der Presse angewiesen.

Pro Bahn ist ein kleiner Verein mit 1200 Mitgliedern (du kannst Mitglied werden!). Die Antworten auf die Umfragen kommen aus dem Verein.

Persönlich bin ich der Meinung, es müsste in der Bahn jeder einen Sitzplatz finden. Der Passagier muss allerdings auch bereit sein, einen Platz zu suchen, dazu durch den Zug zu laufen und Mitreisende zu bitten, eine Tasche oder den Rucksack vom Sitz wegzunehmen.

Bahnhof Stadelhofen

Vor dem grössten Fahrplanwechsel in der Region Zürich

Im Dezember werden die Letzigrabenbrücke und die Kohlendreieckbrücke und mit ihnen die Durchmesserlinie vollständig eröffnet. Ab 13. Dezember erwartet uns ein grosser Fahrplanwechsel – bereits nach. anderthalb Jahren. Wie viel Wechsel ist zumutbar?

Am linken Seeufer hatten wir die Ouvertüre bereits vor anderthalb Jahren. Im ganzen Kanton Zürich aber bleibt ab Dezember tatsächlich kein Stein mehr auf dem andern. Alte Verbindungen, die gut waren, werden wegfallen. Passagiere werden gezwungen, ihre Gewohnheiten zu ändern. Das wird kritische und negative Reaktionen auslösen.

Ursachen sind neue Linienführungen und neue Kreuzungspunkte. Kreuzen sich die Züge an einem andern Ort wie bisher, können nicht mehr Anschlüsse von beiden Richtungen abgenommen werden. In solchen Fällen muss beurteilt werden, wohin und woher die meisten Leute kommen. Entschieden wird für die Mehrheit der Nutzer, was bewirken kann, dass für eine Minderheit die Anschlüsse von und zum Bus nicht mehr optimal sind

Der neue Fahrplan ist ein Wunderwerk. Er wird übers Ganze zu massiven Verbesserungen führen. Grosse Pendlerrichtungen werden davon profitieren. Die Nutzer werden sich an die Veränderungen gewöhnen.

Begehren zur Fahrplanverbesserung

Viele Gemeinden haben Wünsche angemeldet zum Fahrplan. Wie viel nützen solche Begehren?

Die Aussicht auf Erfolg ist gering. Die Begehren gehen an die Verkehrskonferenzen, weiter an die Transportunternehmen und schliesslich an den ZVV. Für Änderungen müssen finanzielle und technische Vorgaben erfüllt werden. Die meisten Begehren werden abgelehnt, weil die Vorgaben nicht erfüllt werden – dies auch mit Rücksicht auf nachfolgende Züge und auf den Güterverkehr.

Als Beispiel die Anträge für mehr Halte des Glarner Sprinters: Die S25 wird von Zürich ohne Halt bis Wädenswil geführt um die S2 zu entlasten und um mehr Platz zu schaffen für die weiter entfernten Nutzer (Pfäffikon, Linthebene). Würde ein Halt in Horgen berücksichtigt, so müsste in Horgen auch ein Bus bereit stehen. Auf den Busfahrplan sind die Antragsteller nicht eingegangen. Dazu bräuchte es mehr Fahrzeuge, mehr Parkplätze, mehr Personal und mehr Geld. Am linken Seeufer haben wir einen stabilen Fahrplan und mit der S8 eine Superlinie, die in Horgen von den Bussen übernommen wird.

An vielen Versammlungen zum Thema für Fahrplanänderungen werden Emotionen geschürt (ich habe ein gewisses Verständnis dafür, habe früher auch Petitionen eingereicht). Einzelne Redner haben noch kaum einen Zug von innen gesehen.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Bahnhof Stadelhofen

Keine Tariferhöhungen im Herbst

Ich freue mich, dass die SBB ihre Tarife im Herbst nicht erhöhen werden. Befürchtet die Bahn eine Abwanderung der Kunden auf das Auto?

Aufgeschoben ist nicht aufgehoben. Eine neue Tariferhöhung folgt vermutlich Ende 2016. Wir haben uns gegen eine Tariferhöhung gewehrt, vor allem wegen der sinkenden Benzinpreise und dem Umsteigen auf das Auto. Wir haben das in letzter Zeit erlebt. Der Fernverkehr war in den letzten zwei Jahren rückläufig.

Allerdings wurde im Rahmen der Volksabstimmung über die Finanzierung der Eisenbahninfrastruktur (FABI) vereinbart, dass der Passagier einen Teil der Trasseekosten, rund 100 Mio., bezahlen muss. Der Passagier leistet zwar durch die Steuern auch einen Beitrag an die Kosten des Bundes.

Eine Tariferhöhung ist eine heisse Sache. Wer mit dem Auto unterwegs ist, kommt etwa 50 % rascher ans Ziel als mit dem Zug. Wer mit dem Zug reist, nimmt einiges auf sich und schützt die Umwelt. Da müsste der Bund etwas mehr Geld aus der Kasse nehmen, etwa im Verhältnis 60:40 zwischen Bund und Passagier statt 50:50.

Die Eisenbahn rentiert zwischen Zürich-Bern und Zürich-Biel. Die Zürcher S-Bahn ist zu 80 % kostendeckend. Wesentlich geringer ist die Kostendeckung in den Randgebieten (wie im Berner Jura) mit wesentlich weniger Passagieren. Auch die Passagiere der Randgebiete brauchen einen Zug. Das ist unbestritten und eine Frage der Solidarität.

Danke, Kurt Schreiber, für das Interview. Ich wünsche dir und Pro Bahn Schweiz viel Erfolg.

Pro Bahn Schweiz

Bilder Pro Bahn Schweiz (Foto Theo Iff)

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