Europa im Umbruch

Die EU ist gespalten wie schon lange nicht mehr. Wohin geht die Reise? Zwei Kenner der weltpolitischen Entwicklungen nahmen an den Maxon-Fabrikgesprächen in Sachseln OW Stellung.

Rechtsextreme Parteien und populistische Strömungen haben zu einer bedrohlichen Stimmung in vielen Ländern geführt. Zudem steigen die Staatsverschuldungen stark an. 2017 stehen Wahlen in  Frankreich und Deutschland an. Kann sich Europa stabilisieren? Und welche Politik macht die Trump-Administration in den USA?

Die beiden Kenner Dr. Felix E. Müller (links), seit 2002 Chefredaktor der „NZZ am Sonntag“, und Dr. phil. Gerhard Pfister (rechts), Nationalrat und Präsident der CVP, diskutierten am 53. Fabrikgespräch der Firma Maxon (die Firma mit den Motoren im Mondauto) unter der Leitung von Martin Zenhäusern (Mitte) über die Gefahren der heutigen Welt.

Die erste Diskussion  in der Tour d’Horizon durch die Welt galt dem Maastrichvertrag und der Frage, warum man ihn hat, obwohl sich nur 50 Prozent daran halten. Felix E. Müller  sagte dazu:“Das Problem ist die Verschuldung dieser Länder, die ist so gross, dass niemand weiss, wie man da herauskommt.“

Gerhard Pfister wies darauf hin, dass Deutschland und Frankreich die Ersten waren, die diese Kriterien überschritten haben. “Es ist den Griechen nicht zu verübeln, wenn sie sich diesem Beispiel anschliessen. Wie man vom Schuldenberg herunterkommt, weiss im Moment niemand. Man weiss nicht was tun. Man ist in einem Fehlkonstrukt gefangen. Man hat eine einheitliche Währung ohne Währungspolitik“.

Europa habe 2015 zwei Prinzipien in Frage gestellt. Der freie Personenverkehr und die gemeinsame Währung. An dem werde die EU entweder zu Grunde gehen oder sie wird sich reformieren müssen. So wie sich jetzt präsentiert, werde sie nicht mehr lange stand halten. Das Misstrauen und der Vertrauensverlust sei somit gerechtfertigt. Europa sei alt und träge geworden.

Felix E. Müller findet, die Bevölkerung in der EU habe den Eindruck, die Politiker seien nicht in der Lage, die Probleme zu lösen. Probleme seien die Arbeitslosigkeit, das Wirtschaftswachstum, die Verschuldung, der Euro und die Flüchtlinge. Die Leute denken, was machen eigentlich die Politiker, die wir bezahlen – nichts! Das sei der Hauptgrund, warum die EU in der Krise sei.

Brexit

Welche Konsequenzen der Brexit für Europa und die Schweiz habe, wollte Martin Zenhäusern wissen. Felix E. Müller findet den Austritt Englands Wirtschaftlich nicht so dramatisch. Es sei eine sicherheitspolitische Schwächung der EU.

Gerhard Pfister dazu:“Wenn Europa dieses Warnsignal nicht ernst nimmt, dann wird der Brexit das Ende der europäischen Union sein. Die Reaktionen aus Brüssel lassen nichts Gutes hoffen. Der Brexit wird attraktiv für die reichen europäischen Länder. Die Engländer sind bereit, die City zu verteidigen. Die Engländer werden eine gute Lösung finden und gestärkt aus dem Brexit hervorgehen. Für die Schweiz ist es eine Chance. Die Schweiz macht zwar zu wenig aus ihrer Position.

Zum Thema Frankreich hält Felix E. Müller fest: «Wenn Marie Le Pen gewählt wird, ist das der unmittelbare Anfang des Endes der EU.»

Und Gerhard Pfister findet:“ Ich sehe es auch so dramatisch. Es ist so unsicher wie noch nie.“

Angela Merkel

Für Angela Merkel  findet das Podium nicht nur lobende Worte. Zwar sei sie offen und eine gute Managerin der Macht. Ihre Schwäche sei, dass sie die Bedeutung der progmatischen und ideologischen Auseinandersetzungen nicht erkenne. Sie habe die CDU weit ins Lager der SPD manöveriert.

Gerhard Pfister hofft:“Sie wird im Herbst noch einmal die Mehrheit holen. Der Schulz-Effekt wird sich bis dahin etwas relativieren.“

Für Felix E. Müller wird es endlich ein spannender Wahlkampf. Angela Merkel müsse dafür kämpfen, und die einzige Lösung bestehe darin, ernste Reformen in der EU einzuleiten und dann in zwei Jahren zurückzutreten.

Donald Trump

Zu reden gab auch der neue amerikanische Präsident Donald Trump und seine Politik.

Zur Frage, was das für Europa bedeutet, erklärte Felix E. Müller:“ Man kann es nicht abschätzen, in welche Richtung es kippt. Trump ist ein politischer Dilettant. Er hat Freude daran, wenn die EU zerbricht. Russland könnte dann einen viel grösseren Einfluss entfalten. Er ist auch als Regierungschef ein Dilettant. Es wird für Europa extrem unangenehm, wenn sich seine Berater nicht durchsetzen können.“

Wie soll sich die Schweiz gegenüber Trump verhalten?

Gerhard Pfister:“ Es sagt viel über Amerika und die Demokratie aus, weil sie ihn gewählt haben. Wir sollten uns am besten unauffällig verhalten. Man weiss im Moment zu wenig. Die Welt ist schon genügend instabil, jetzt kommt noch das dazu. Wir müssen unsere Rechtsstaatlichkeit, unsere Verlässlichkeit pflegen. Den Rest gibt es abzuwarten.“

Wie sollte sich Europa gegenüber Russland verhalten?

Felix E. Müller:“Europa muss sich stärker zusammenraufen, damit es ein Gegengewicht zu Russland bilden kann, sonst wird Putin in der EU für Unruhe sorgen. Er ist ein grosser Unruhestifter.“

Gerhard Pfister: „Putin ist ein alter, kalter Krieger. Angela Merkel hat gemeint, mit Putin normal verhandeln zu können. Deutschland hat herunter gerüstet, um eine Friedensmacht zu werden, und damit Signale der Schwäche gezeigt. Europa ist eine schwache globale Macht geworden, das wird von Putin ausgenützt. Wir stehen als nicht ernst zu nehmende Schwächlinge da.“

Zum Thema China erklärte Gerhard Pfister:“Wir leben in einer dramatischen Zeit. Mao würde sich im Grabe nicht nur umdrehen, der hätte Freude. Interessant, wie sich die Geschichte verschoben hat. China wird der zukünftige Player. Chinesen wollen ihren Raum beherrschen. Wir leben in hochspannenden Zeiten. Und Mao hätte sich nie träumen lassen, dass ein  Nachfolger einmal am WEF in Davos als gefeierter Star der Kapitalisten auftreten kann. Das ist der Sieg des Marxismus über den Kapitalismus.“

Fotos: Josef Ritler

Dr. Felix E. Müller, seit 2002 Chefredaktor der „NZZ am Sonntag“. Nach Studien an der ETH und der Universität Zürich und einer Lehrtätigkeit in den USA Einstieg in den Journalismus. Von 1988 bis 1990 USA-Korresponden der „Weltwoche“. 1996 bis 1997 stellvertretender Chefredaktor und Chefredaktor a.i. Danach Wechsel zur „NZZ“. Ab Sommer 2001 Projektarbeiten für die „NZZ am Sonntag“.

Dr. Gerhard Pfister, Mitglied der Aussenpolitischen Kommison des Nationalrates und Präsident der CVP Schweiz. Nach Studien an den Universitäten Freiburg und Basel promovierte er zum Dr. phil. Gehard Pfister wurde 2003 als Vertreter des Kantons Zug in den Nationalrat gewählt. Er bezeichnet die Schweiz als ein Erfolgsmodell.

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