StartseiteMagazinKulturFür reiche Sammler und arme Liebhaber

Für reiche Sammler und arme Liebhaber

Die 48. Art Basel empfängt in Basel ein illustres Publikum von Sammlern, Museumsdirektoren, Kunstkritikern aus aller Welt.

In diesem Jahr erwarten die Organisatoren und die 225 Galerien aus 34 Ländern noch mehr Besucherinnen und Besucher als sonst, denn wer von weit her anreist, kann diesmal einen Kunstparcours durch halb Europa absolvieren, nebst Basel auch zur Dokumenta nach Kassel, zur Skulpturenausstellung nach Münster und zur Biennale nach Venedig.

Marwan Rechmaoui: Blazon (2015). Metall-Schilder und handgestickte Flaggen sind auch ein Stadtplan von Beirut, denn sie sind je einem Stadtviertel zugeordnet. Foto: E. Caflisch

Die meisten Kunstaficionados und Kunstsammlerinnen haben eine Einladung oder Akkreditierung, für andere, welche die Art Basel eher als Übersichtsausstellung denn Kunstmarktplatz nutzen, geht es ins Geld, die Tageskarte kostet 60 Franken, für Rentnerinnen und Rentner 40 Franken. Was im Messerundbau, wo sich die Galerien Koje an Koje reihen, zu finden ist, ist zwar bis zur Verwirrung vielfältig und disparat, aber die Pirsch lohnt sich, mal wieder ein paar kaum je gesehene Picassos zu entdecken, oder eine grossformatige Leinwand des italienischen Informellkünstlers Emilio Vedova oder auch eine Fotografie von Balz Burkhard und kleine Bleistiftskizzen von Kasimir Malewitsch. Denn präsentiert wird nicht nur aktuelle Kunst, sondern schwerpunktmässig das, was in den letzten hundert Jahren entstanden ist und heute erfolgreich gehandelt werden kann.

Tacita Dean: When first I raised the Tempest (2016): Kreide auf Wandtafel. Foto: E. Caflisch

Weniger verwirrend aber nicht weniger aufwendig ist die nun zum 18. Mal präsentierte Unlimited, eine kuratierte Ausstellung auf 16‘000 Quadratmetern von zumeist grossflächigen oder sonstwie sperrigen Arbeiten. Buchstaben, Wörter, Sprachkommunikation spielen diesmal eine wichtige Rolle. Die Installationen und Videos sind in ihrer Aussage kritisch zur aktuellen gesellschaftlichen, ökologischen und politischen Entwicklung, manche vor Jahren entstandene passen perfekt in die Trump-Zeit. Im folgenden eine subjektive Auswahl:

Susan Hiller: Die Gedanken sind frei. Installation. Foto: E. Caflisch

Susan Hiller (*1940) hat für die Installation Die Gedanken sind frei (2012) Protestlieder aus dem deutschen Bauernkrieg bis zum arabischen Frühling versammelt und einerseits in einem illustrierten Songbook vereint, welches in der Installation aufliegt, anderseits auf Tonträgern in einen alten Wurlitzer gepackt, der jedes Wunschlied abspielt, über Kopfhörer zu hören in der Lounge. An den Wänden die Protestsongs als Texte, als Überschrift zuoberst das Lied, das der Installation den Titel gibt. Die Amerikanerin Susan Hiller untersucht die Bedeutung der Songs für politische Bewegungen und verfolgt, wie die Besucher darauf reagieren.

Carlos Garaicoa (*1967) stellt sechs massive Stahlschränke aus, in denen auf Drehtellern je eine Miniatur einer der grossen Banken dieser Zivilisation aus purem Gold präsentiert werden. Die Arbeit nennt der Kubaner Saving the Safe (2017). Damit schafft er ein Symbol zur Rolle des Kapitals in der Finanzkrise und in der aktuellen ökonomischen und politischen Ordnung, wo die Macht in wenigen Händen verbleibt, was die Ungleichheit und den Sinn für Demokratie gefährdet.

Cildo Meireles: Amerikkka. Installation. Foto: E. Caflisch

Cildo Meireles (*1948) aus Brasilien hat Amerikkka 1991 für eine 500Jahrausstellung zur Entdeckung Amerikas durch Columbus konzipiert. Wagemutige können (ohne Schuhe) über 20‘000 weisse Eier balancieren, während sie von 40‘000 Gewehrkugeln an der schräg schwebenden Decke bedroht werden. Der Deckel könnte jederzeit schliessen, denn es ist eine fragile Balance. Die drei K im Titel stehen für den Ku Klux Klan, der besonders extrem die Vorherrschaft der weissen Rasse verfolgt.

Arthur Jafa (*1960) überflutet uns per Video mit Hunderten von schrecklichen, schönen, erkennbaren, abstrakten Fotos und Grafiken aus dem Fundus der Black Culture seiner Heimat USA, die in Sekundenbruchteilen auf einem vorwärtstreibenden Soundteppich vorbeirasen. APEX (2013) ist ein verstörendes 8-Minuten-Video, welches den Zuschauern fast physisch einhämmert, was es bedeutet, schwarz zu sein.

Sue Williamson: Messages from the Atlantic Passage. Installation. Courtesy Art Basel

Sue Williamsons (*1941) Arbeit Messages from the Atlantic Passage (2017) erinnert den Sklavenhandel zwischen dem 16. und dem 19. Jahrhundert und drängt uns Gedanken an Migration und Ausbeutung heute auf. Von der Decke hängen Fischernetze, gefüllt mit Glasflaschen, weitere hängen an Ketten bis hinunter in drei Wasserbecken. Jede Flasche enthält Spuren von Erde, auf jeder ist Information eingraviert: Der Name des Menschen, das Herkunftsland, das Sklavenschiff, der Name seines Besitzer, dessen Plantage und der Preis. 12.5 Millionen Schwarzafrikaner wurden gefangen und verschifft.

All diese Sozialkritik darf nicht darüber wegtäuschen, dass diese Künstler bei Top-Galerien unter Vertrag stehen und ihre Arbeiten käuflich, aber nur für die Top-Liga von Sammlern erschwinglich sind.

Ai Weiweis Eisenbaumstrunk vor dem Basler Münster. Courtesy Art Basel

Nebst der Unlimited bietet die Art Basel ihr Filmprogramm im Stadtkino und Kunstwerke im öffentlichen Raum: auf dem Messeplatz hat die Schweizerin Claudia Comte (1983) ihren Spiel- und Sportplatz Now I Won eingerichtet (für drei Franken ist man dabei), vor dem Münster steht im Rahmen des Parcours, einer kuratierten Werkschau quer durch die Innenstadt ein eiserner Baum von Ai Weiwei, eine von 22 ortsspezifischen Arbeiten. Am Samstag findet die Parcours Night mit Life Performances und Zugang zu allen, auch den privateren Parcours-Orten und Museen statt.

Teaserfoto: Courtesy of Art Basel

www.artbasel.com/basel (nur englisch)
www.basel.com/de/artbasel

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