Luzerner Originale

In verschiedenen Städten wohnen Originale, vereinsamt in Baracken, unter Brücken oder unter freiem Himmel. Nicht so in Luzern, da kümmert sich die Güüggali-Zunft  um die Menschen.

Seit 39 Jahren finden die Luzerner Originale Heimat und Geborgenheit bei der Güüggali-Zunft. Sie organisiert Anlässe wie einen Luga-Besuch, eine Bootsfahrt und alljährlich eine Weihnachtsfeier in der „Pro Ticino“-Bocciabahn in Luzern, wo jeweils ein Überraschungsgast zum Dessert die obligaten Crèmeschnitten spendiert.

Die Originale und Gäste singen in der «Pro Ticino»-Bocciabahn «Stille Nacht, heilige Nacht».

So war es auch am Mittwoch, 13. Dezember. Die Lichter erlöschen. Die Kerzen am Weihnachtsbaum verwandeln die Bocciabahn in einen magischen Ort. Die Originale und Gäste sitzen auf Bänken. Pater Josef Regli hält fest:“Jeder Mensch ist ein Original. Gott macht keine Klone, keine Kopien.“

Mit voller Inbrunst singen alle „Stille Nacht“, begleitet von Fridolin Jakob Emmenegger, dem „Tüüfel“, wie man ihn nennt auf seiner Mundharmonika. Die falschen Töne stören niemand. Man ist glücklich vereint und wartet sehnsüchtig auf das gemeinsame Festessen.

Stefan Lang (57) und Irma Stadelmann (85) schauen sich verliebt in die Augen. Vor 12 Jahren haben sie sich in der Zunft getroffen und gelten seither als Liebespaar. Nach der Feier gehen sie getrennt in ihre Wohnungen. „Ab und zu besucht Stefan mich. Da koche ich ihm eine Gemüsesuppe mit Rüebli und Speck. Heiraten wollten wir nie“, verrät Irma. Und Stefan doppelt mit einem verschmitzten Lächeln nach:“Verliebe dich oft, verlobe dich selten und heirate nie!“ Sie dankt ihm mit selbsgestrickten Handschuhen, an denen zwei Finger fehlen.

Mit dabei ist auch der Taglöhner Angelo Bühler (67), der Stadtspaziergänger, den man in der Altstadt vermisst, weil er in ein Aussenquartier zügeln musste. Er kennt weder iPhone noch Computer. „Ich bin mit der Schiefertafel und dem Zählrahmen aufgewachsen. Und dabei bleibe ich,“ sagt er und schiebt sein Motto nach:“ Lieber än Ranze vom Frässe statt es Buggeli vom Schaffe.“ Er bezieht eine IV-Rente und besitzt 150 Schallplatten mit klassischer Musik

 

Der absolute Glücksbringer ist Hans Sommerhalder (66), der Berufskaminfeger, der über seinen dicken Bauch streicht und sinniert:“Weil ich von den Kunden verwöhnt wurde, kann ich wegem dicken Bauch nicht mehr durchs Kamin steigen. Ich habe mein Leben lang als Schwarzarbeiter gearbeitet, ohne je erwischt worden zu sein.“ Als ihm ein Kunde 30 Kilo Einräppler geschenkt hat, wechselte er vom Kaminfeger zum Glücksbringer. Und so spaziert er in voller Montur durchs Land, bringt Glück und schenkt jedem einen Rappen. Einmal habe ihm eine Frau gedankt, sie habe dank ihm einem Kind das Leben geschenkt. Ein Bauer dankte ihm, weil sein Hof nicht total abgebrannt sei.

 

 

 

Viele Geschichten kann auch der „Tüüfel“  Fridolin Jakob Emmenegger (70) erzählen. Er war viele Jahre als Matrose auf den Weltmeeren unterwegs. Zurück in seiner Heimat im Entlebuch hütete er Schafe, jodelte in einem Chor und arbeitete als Spengler. Stolz sagt er:“Ich war auch Jäger, ein Wilderer, der immer schlauer als die Justiz war.“

Über das Leben und Wirken der inzwischen verstorbenen Originale wird mit Gegenständen, Bildern und Büchern in einem Archiv in Reussbühl LU erinnert. Da trifft man auf den bekannten Bahnhof-Jules, der vor dem Hauptbahnhof in Luzern Zeitungen verkaufte und alles über die Stadt und ihre Menschen wusste. Da erinnern Plakate an  Emil Manser, der im Jahre 2004 in die Reuss gesprungen und ertrunken ist. Oder an Marcel Schöngarth („Radio  Müsli“), an Freddy vonWyl, der in Luzern auftretende internationale Künstler nach den Konzerten zu sich nach Hause einlud, an den Herrgöttli Anton Achermann, der in seiner Hofgalerie mit gefälschten van Gogh-Bilder gehandelt haben soll, an den Blumen-Bürgi, den Politiker und früheren Gnagi-Vater. Das Archiv ist öffentlich und kann nach Voranmeldung besichtigt werden.

 

 

Adolf Portmann im Archiv der Luzerner Originale in Reussbühl

Für den Präsidenten der Güüggali-Zunft, Hans Pfister, ist die Arbeit für die Originale wichtig und er freut sich, dass  seine Arbeit gewürdigt wird.  Pfister ist auch der Gnagi-Vater der Gnagi-Zunft Luzern, die am 29. Januar 2018 im Grand Casino Luzern das beliebte Männer-Gnagi-Essen durchführt.


Emil Manser, der mit seinen Plakaten die Menschen erheiterte

Titelfoto: Hans Pfister, Präsident der Güüggali-Zunft
Fotos: Josef Ritler

Mehr über die Originale unter: www.gzlu.ch

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