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Philosophische Gedankenspiele

Das Buch von Yves Bossart «Ohne Heute gäbe es morgen kein Gestern» regt zu philosophischem Denken an, ganz konkret und gut verständlich.

Im Alltag fragen wir uns gewöhnlich nicht, was «Zeit» ist. Wir schauen auf die Uhr und wissen, wieviel Zeit wir noch haben bis zum nächsten Termin. Das unterscheidet uns vom Philosophen. Dieser braucht keine Uhr, wenn er über die Zeit nachdenkt. Er braucht Zeit, aber keine Geräte, er macht keine statistischen Untersuchungen, weder Experimente noch Expeditionen. «Die Philosophen lehnen sich zurück, denken sorgfältig nach, hinterfragen alles, beschreiben genau, argumentieren scharf und behalten in Diskussionen den Überblick», schreibt Yves Bossart.

Königin Christina von Schweden (links) diskutiert mit René Descartes (rechts).
Ausschnitt aus einem Gemälde von Pierre-Louis Dumesnil.

Das vertrackte Problem der Zeit, die relativ ist, wie uns Einstein lehrte, nicht konstant und universell, wie Newton angenommen hatte, führt den Autor zu dem antiken Paradoxon von Achilles und der Schildkröte, wer schneller ans Ziel komme. Wir folgen ihm auf seinem Weg zu grundlegenden Fragestellungen, die sich die Philosophie schon seit Jahrtausenden stellt. Jedes Kapitel beginnt mit einem Beispiel – einem Gedankenspiel -, das auf den folgenden Seiten von verschiedenen Seiten beleuchtet wird. Denn im Laufe der Geschichte wurde ein philosophisches Thema oft kontrovers diskutiert oder weiterentwickelt. Wir lernen philosophisches Argumentieren an solchen Themen kennen und erfahren gleichzeitig viel über die Geschichte der Philosophie.

Diogenes von Sinope.
Abbildung (19. Jh.) einer Statuette

Im ersten Kapitel stellt Bossart eine Frage, die uns alle bewegt: Was ist Glück. Und fährt mit der Erkenntnis der aktuellen Glücksforschung fort, «dass unser Glück zur Hälfte genetisch bedingt ist. Wer die richtigen Gene besitzt, hat den halben Weg schon geschafft.» – Wie ernüchternd! Das ist keine philosophische Erkenntnis, aber daraus entwickelt der Autor anhand zahlreicher Beispiele und bekannter Zitate seine Reflexionen darüber, was Glück bedeutet. Nachdem er viele Konzepte präsentiert hat, stellt uns Bossart als letztes Gedankenspiel die Glücksmaschine vor: Wollen wir uns an eine Maschine anschliessen lassen und ein fiktives Glück in einer Illusionswelt erleben – und wenn ja, wie lange? Es gelingt dem Autor hier wie in allen Kapiteln des Buches, uns als Lesende zu uns selbst zurückzuführen. Denn welches andere Ziel würde die Philosophie verfolgen, als dazu zu verhelfen, über einige Grundfragen unseres eigenen Lebens klarere Vorstellungen zu entwickeln.

Dass dies durchaus abwechslungsreich und spannend sein kann, davon sollte sich jeder selbst überzeugen, denn «Philosophie ist Phantasie, die zu mehr Klarheit führt», erklärt Bossart. Neben Glück werden unter anderem Begriffe wie Erkenntnis, Moral, Schönheit und Kunst, Freiheit, Geist und Gehirn, Raum und Zeit anschaulich dargelegt und erörtert.

Das Buch ist durchaus geeignet, Berührungsängste vor philosophischen Fragestellungen nachhaltig zu überwinden. Schenken Sie es einer Person, mit der Sie gern philosophieren möchten, oder schenken Sie es sich selbst und betrachten Sie die Welt von nun an aus philosophischer Warte.

Yves Bossart, 1983 geboren, studierte Philosophie in Luzern, Zürich und Heidelberg. Als Stipendiat des Schweizerischen Nationalfonds promovierte er in Berlin über «Ästhetik nach Wittgenstein». Dass er es versteht, schwierige Inhalte allgemeinverständlich zu vermitteln, beweist er als Redakteur der «Sternstunde Philosophie» im Schweizer Fernsehen. Daneben unterrichtet er an Gymnasien.

Yves Bossart: «Ohne Heute gäbe es morgen kein Gestern»
Karl Blessing Verlag München, 2014; gebunden, 256 Seiten, ISBN: 978-3-89667-529-3

Auch als Hörbuch und als E-Book erhältlich.

Bilder: commons / wikimedia.org

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