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Wasserfall, Eiswüste, Gipfel – alles in Öl

Die Alpen in der Kunst sind aktuell sehr en Vogue. Das Kunstmuseum Basel zeigt mit Caspar Wolf den Beginn der Hochgebirgsmalerei

Er war der erste, der mit Karton, Stiften und Farben auf den Berg stieg, um Gipfel und Gletscher, Wettertannen und Wasserfälle aus der Nähe malerisch festzuhalten, Caspar Wolf, der Schreinersohn aus Muri im Bünztal. Über hundert Jahre später malten viele Künstler Draussen, um Farben und Stimmungen direkt auf die Leinwand zu bringen, der hierzulande bekannteste war wohl Giovanni Segantini, der am Berg malend den Tod fand. Und heute entstehen laufend Gemälde oder Fotobände, welche die Hochalpen thematisieren.

Grindelwaldtal mit Wetterhorn, Mettenberg und Eiger. Aargauer Kunsthaus Aarau. Foto Jörg Müller

Caspar Wolf lebte im 18. Jahrhundert, zur Zeit der Aufklärung. Er habe die Neigung zur Malerei mit auf die Welt gebracht, schrieb sein zeitgenössischer Biograph Johann Caspar Füssli, der Vater des Malers Johann Heinrich Füssli. Wolf verliess die Enge seiner Heimat Muri mehrmals und suchte sich Lehrer zunächst in Konstanz, später in Basel und Paris, wo er dem Rokoko begegnete. Im Atelier von Philippe-Jacques de Loutherbourg, dessen Werke er zu kopieren hatte, liess er sich inspirieren von Seestücken mit wilden Küsten und Wellen. Zurück in Muri gelingen ihm zwei dramatische Jagdszenen, welche neuerdings dem Kunstmuseum Basel geschenkt wurden. Aber Muri ist kein Ort für den Begabten: „Er kannte die Welt wenig, machte Entwürfe, ließ sich in Verbindungen ein welche ihn fesselten, und ihn in der Folge in Verlegenheit setzten – kurz, er verheyrathete sich,“ sagt Füssli in seiner Geschichte der besten Künstler in der Schweiz.

Drachenhöhle bei Stans. Gouache. Aargauer Kunsthaus Aarau. Foto Jörg Müller

Ein Glücksfall brachte ihn mit dem Berner Verleger Abraham Wagner zusammen. Es war die Zeit der Entdeckung der Alpen. Zuvor waren die Berge nur von deren Bewohnern erkundet, so weit es nötig war, um sich zu ernähren, sie galten als bedrohlich, furchtbar und lebensfeindlich.

Mit der Aufklärung geriet das Hochgebirge in den Fokus der Forscher und Wissenschaftler, zu erinnern ist hier an Albrecht von Hallers Langgedicht „Die Alpen“. Der Erkundung des Gebirges wollte sich auch Abraham Wagner zusammen mit Haller oder dem Pfarrer und Naturkundler Jakob Samuel Wyttenbach widmen. Ihnen fehlte ein dritter im Bunde, der die Erkenntnisse und Erfahrungen visualisieren könnte.

Aber lesen wir das in Füsslis Buch: „Herr Wagner von Bern, ein Mann, der die wunderbare Situation seines Vaterlandes kannte und bewunderte, glaubte der Welt ein angenehmes Geschenk zu geben, wenn er dieselbe durch getreue Copien von Seestücken die auf den höchsten Bergen ligen , von merkwürdigen Gletschern und Eisgebürgen , von Wasserfällen und Bergbrücken bekannt machte. Hierzu ward ein geschickter Mahler erfordert.“

Staubbachfall im Lauterbrunnental. Museum Oskar Reinhardt. Foto SIK-ISEA Philip Hitz

So wurde Caspar Wolf der erste Maler des Hochgebirges. Rund drei Jahre wurden Bergtouren gemacht, und Caspar Wolf, tief bewegt von seinem Gegenstand, erstellte hunderte von Skizzen vor Ort, die er winters in seinem Atelier in Gemälde umsetzte: „Ihr Gegenstände , ihr Meisterstücke der Natur , die meine Kunst nachzuahmen wagt: Ihr meine , reizende Muster, die ihr mich mit dem Feuer des Genies entzündet!“, zitiert ihn Biograph Füssli wörtlich, „setze ich mich nieder und betrachte alles was um mich ist, so irre ich von Gruppe zu Gruppe, von Fels zu Fels – Allein, mein schwacher Pinsel kann seinem Führer nicht folgen. – Nach diesen vortrefflichen Werken bleiben nichts als furchtsame Entwürfe auf meiner Leinwand . – Wenn ich die Natur betrachte , so habe ich mein Genie verloren – Wie ! Ich fühle in der Ohnmacht desselben die Aufwallungen heftiger Leidenschaften, die mich martern – Wie , wenn ich meine Nachahmungen in meinen Zimmer betrachte , so kommen Schönheiten aus meinen Händen – sobald ich aber die Natur dagegen halte, so sehe ich nichts als kalte Farbe und Fehler.“

In der Basler Ausstellung sind mehrere Beispiele zum vergleichen zu sehen. Schnell wird deutlich: Wolf skizzierte oft mithilfe des Quadratrasters exakt, was er vor Augen hatte, beim Malen nahm er eine Art Zoom, rückte die Gipfel näher heran und spitzte sie auch zu und setzte Figuren dazu, welche die Erhabenheit und Grossartigkeit der Berge verdeutlichten.

 

Gletschertisch wird vermessen. Bleistift und Öl auf Karton. Kunsthaus Aarau. Foto: Jörg Müller

Da finden sich immer wieder der Maler selbst bei der Arbeit am Rastplatz, drei Menschen bei einer Gletscherquerung oder Figuren beim Ersteigen einer Leiter – auch Klettersteige sind nicht von heute. Besonders instruktiv das Studium der drei nebeneinander gehängten Sichten vom Rhonegletscher, neben dem Gemälde die Zeichnung und eine Ölstudie, beide noch ohne Staffage.

Wehr, Mühletal bei Innertkirchen. Schweiz. Nationalmuseum Zürich

Abraham Wagner liess von Caspar Wolfs Alpenbildern Grafiken stechen, die er in Mappen verkaufte, aber das Projekt endete unfertig mit Wagners Bankrott. Das Kupferstichkabinett verfügt über eine reiche Sammlung von Zeichnungen und Druckgrafik. Eine Auswahl ist ebenfalls ausgestellt.

Wolfs Bilderwelt muss nochmals neu entdeckt werden, denn mit seinem und seines Mäzens, des Berner Verlegers Abraham Wagners Tod verschwanden die meisten der Gemälde, und der erste Alpenmaler wurde mehr oder minder vergessen. Rund hundert Bilder und unzählige Skizzen gingen damals an den Erben, einen Schweizer in Holland. Am Ende landete die Sammlung im Schloss Keukenhof bei Lisse, bis der Kunsthistoriker und Caspar-Wolf-Forscher Willi Raeber 1939 wiederum dank eines Zufalls den Schatz ausfindig machte und nach dem Krieg für die Kunstwelt hob.

Seit dem Auftauchen der Bilder gab es da und dort Ausstellungen, auch im Basler Kunstmuseum 1980, aber noch sind längst nicht alle Fragen beantwortet.

Sturm über dem Thunersee. Kunstmuseum Basel. Photo Martin P. Bühler

 Dreifach begründet Kurator Bodo Brinkmann das Projekt, Caspar Wolf jetzt auszustellen:

– Wolf ist der Maler der Schweizer Alpen. Er illustriert den Wendepunkt in der Auffassung des Hochgebirgs in der Aufklärung. Die Bilder zeigen die ästhetische Eroberung der Natur mit Expeditionen ins Unbekannte, beeinflusst durch die französische Malerei (Vernet, Boucher etc.). Ausserdem hat das Museum unlängst zwei Tierstücke (Hirsch, Bär mit Jagdhunden) geschenkt bekommen.

– Wolf passt in unsere Zeit, seine Ästhetik beeinflusst noch immer junge Künstler, oder auch: deren Auffassung vom Gebirge steht jener Wolfs nahe.

– Wolfs Werke haben dokumentarischen Charakter: So gibt es eine Installation des Fotografen Gilles Monney mit Fotos und Kopien von Gemälden jeweils vom selben Standort aus „gesehen“. Während die Gletscher damals noch wuchsen und teils bizarre Eisnadeln oder riesige Eiswellen bildeten, schwinden sie heute immer mehr.

bis 1. Februar 2015

Infos beim Kunstmuseum Basel

Buch: Die Füssli-Biographie über Caspar Wolf

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