StartseiteMagazinKolumnenWenn das Bild die Inhalte verwischt

Wenn das Bild die Inhalte verwischt

Anhand der Rundschau und der Neujahrsansprache des Bundespräsidenten

Wieder mal habe ich „Die Rundschau“ gesehen, aufmerksam die Neujahrsansprache des neuen Bundespräsidenten am Bildschirm verfolgt. Bei der Rundschau interessierte mich das angekündigte Thema „Macht“, und bei der Neujahrsansprache war ich gespannt, was Bundespräsident Ueli Maurer uns auf den Weg ins neue Jahr mitgeben wollte.Was ist mir geblieben, was kann ich mir nach ein paar Tagen noch in Erinnerung rufen?

Ich bin erstaunt. Vor allem die Bilder, abgesehen von ein, zwei Sätzen von Ueli Maurer: „Einer für alle, alle für einen.“ Und in etwa, „dass wir es besser machen, als all die andern.“ Von der Rundschau weiss ich noch, dass Sandro Brotz, der Moderator der Sendung, alt Bundesrat Moritz Leuenberger im Bundeshaus, Pierin Vinzenz, den Chef der Raiffeisenbanken und Gründer der Bank Notenstein, Nachfolgeinstitut der untergegangenen Bank Wegelin in St. Gallen und Viviane Reding, die luxemburgische EU-Kommissarin in Zürich interviewte. Die engagierte Frau sprach perfekt deutsch, und beredt setzte sie sich – so meine Erinnerung – für die Frauen ein. Eingerahmt war das ganze, wenn ich mich im Erinnern anstrenge, von einem Kabarettisten von einem Zelt in Arosa.

Warum blieb so wenig haften, warum wirkte Moritz Leuenberger so blass in seinen Antworten, Pierin Vinzenz so wenig engagiert, warum waren die Aussagen von Frau Reding, zumindest im Ansatz, nur noch vage präsent? Und warum überzeugte Ueli Maurer nur in den letzten etwa 20 Sekunden in seinem wohl sehr sorgfältig geplanten Auftritt im Bundesbriefarchiv in Schwyz? Die Antwort ist so einfach wie erschreckend. Es war die Inszenierung, es war die Kameraführung, die die Inhalte verwischten.

Ueli Maurer erschien da und dort, zuerst vor, dann im Archiv, die Kamera erfasste ihn im Hintergrund, fing ihn ein, liess ihn näher kommen, näher an die Zuschauerschaft. Erst ganz am Schluss war er voll da, voll mit seinem Gesicht im Bild, also präsent, und ich sah, dass er zu überzeugen versuchte, gar vermochte. Ich sah ihm unangestrengt ins Gesicht und verstand, was er dem Schweizer Volk vermitteln wollte: Zuversicht.

Krass war es in der Rundschau. Der Moderator drehte sich vor dem Bundeshaus gar um die eigene Achse, so dass es mir beim Zuschauen fast schwindlig wurde. Und vom Gespräch mit Pierin Vinzenz blieb mir haften, dass das Bild ungewohnt wackelte; der Kameramann hatte wohl auf Veranlassung der Produzenten aus der Hand, ohne Stativ, gedreht. Brotz zelebrierte, was zurzeit en vogue ist: die Selbstinszenierung. Nicht mehr das hartnäckige Interview, nicht mehr die Hintergrundrecherche, nicht mehr die gekonnte Umsetzung der Inhalte in aussagekräftige, synchrone Bilder ist der Stolz der auftretenden Journalisten, sondern ihr Wandern durch das Bild, auf dem sie unter allen Umständen cool und lässig in Erscheinung zu treten trachten.

Was solls, könnte man meinen. Trends kommen und gehen. Und es ist absehbar, dass die Macher am Leutschenbach zu den Tugenden eines gut gemachten TV-Journalismus zurück finden werden, auch in ihren Auftritten vor der Kamera. Dass sie ihre Interviewten, auch die Bundespräsidenten, wieder optimal vor die Kamera setzen, so dass wir sie auch in ihrer ganzen Wirkungsweise wahrnehmen können und nicht nur, wie diese und sie selbst vor der Kamera etwas provinziell herumwandern.

Dennoch: Auch ein Bundespräsident hätte inhaltlich mehr zu bieten, als uns zu loben. Gerade jetzt, wo wir international nicht gerade eine gute Figur machen, in einer Zeit, wo unsere Banken unser Image schädigen und unseren Ruf in der Welt strapazieren. Und auch das wichtigste Politmagazin im Schweizer Radio und Fernsehen SRF, wie das Unternehmen neu heisst, hätte zum Jahreswechsel wohl mehr zu bieten, als einer rein philosophischen Frage nach der Macht nachzugehen, ohne die Darstellung mit Fakten, mit Recherchen zu unterlegen, sie darauf aufbauend zu analysieren und die Ergebnisse in brillante Bilder umzusetzen, um abschliessend die Akteure damit echt, mit sich selbst und herausfordernd zu konfrontieren.

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