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Zwischen digitaler und analoger Welt

In seinem Buch «Die Rache des Analogen» beschreibt David Sax, wie der Mensch auch im digitalen Zeitalter nach dem greift, was er kennt, was ihm Wurzeln gibt und Gemeinschaft schafft.

Einen Kriminalroman hatte ich trotz des Wortes „Rache“ im Buchtitel definitiv nicht vor mir. Aber ein so spannendes Werk, dass ich kurzerhand das Tagesprogramm änderte, um das Buch in einem Zug durchzulesen. Das gelang dann auch wieder nicht. Denn die Informationen, die vermittelt werden, sind so umfassend, dass sie eine genaue Lektüre verlangen.

Ein Buch, das mit vielen Vorstellungen zur modernen, digitalen Welt aufräumt – oder sie zumindest relativiert. (Residenz-Verlag)

Als ich das Buch las, wurde mir warm ums Herz. Endlich ein Autor, der sich mit denselben Fragen herumschlug, die ich selbst mit mir herumtrage. Was ist das Verhältnis von analoger zu digitaler Welt? Und wohin wird diese Entwicklung führen? Darauf versucht David Sax Antworten zu finden.

Die Lesenden mit einbezogen

Er tut dies, indem er die Lesenden teilhaben lässt an seinen Recherchen. Er nimmt uns mit nach New York, nach San Francisco, ins Silicon Valley. Aber auch nach London, Wien und Mailand. Er beschreibt die Gebäude, in welchen er die Zuständigen für sein Thema findet. Wir nehmen an Gesprächen teil. Ja, wir werden sogar darüber informiert, wie sich die Gesprächspartner verpflegen!

Immer wieder frage ich mich, wie es Menschen geht, die ihre Tage in der digitalen Welt verbringen? Da bekomme ich von David Sax eine direkte Antwort: „Tagsüber programmierten sie, nachts aber sammelten sie Schallplatten, gründeten eine Brauerei, die Craft Beer herstellte, spielten Brettspiele oder reparierten alte Motorräder“. Das hatte er bei seinen Gesprächen mit Mitarbeitern jeden Alters in der Technologiebranche erfahren.

Anknüpfungspunkte

Meine Kenntnisse der digitalen Welt sind, das ist dem Jahrgang geschuldet, nicht überragend. Trotzdem las ich das Buch mit Vergnügen. Weil es an meine Welt, die sich vor meinen Augen verändert hat, an meine Erfahrungen, die in meinen Erinnerungen gespeichert sind, anknüpft.

Das Buch ist einfach aufgebaut. In einem ersten Teil handelt es von der “Rache“ der analogen Dinge. Er beschreibt die Rückkehr des Vinyls, des Papiers, des analogen Films, der Brettspiele. In der Rückkehr des Papiers beschreibt Sax zum Beispiel Aufstieg und Niedergang und Wiederaufstieg der „Moleskine-Notizbücher“. Der Notizbücher mit schwarzem Einband aus Wachstuch. Sie sind nie meine Lieblinge gewesen. Der Firmensitz befindet sich in Mailand. Das allerdings hatte ich nicht gewusst. Das Kapitel ist ein kultur- und wirtschaftsgeschichtlicher Essay für sich.

Das Kapitel über die Rückkehr des analogen Films führt uns nach Ferrania, auch in Italien. „Ferrania ist weniger ein Ort, sondern das, was von ihm übrig blieb: Ruinen einer riesigen Industriestadt, die einst für die Glanzzeit des italienischen Produktionssektors stand“. Auch hier stiess ich als ehemalige Hobbyfotografin auf Bekanntes. Kodak, Fuji, Ilford, Agfa, wohin sind sie nur entschwunden, die Produkte, die diese Namen trugen? Mit einiger Beklemmung liest man über die Pläne zweier Unternehmer, „Ferrania“, der Name der Stadt war zum Namen des Produkts geworden, wieder auferstehen lassen wollen. In einer, den heutigen Bedürfnissen entsprechenden Herstellung.

Ideen von früher in der Welt von heute

Im zweiten Teil des Buches geht es um die Rache analoger Ideen. Die Rückkehr von Print wird beschrieben, die Rückkehr des Einzelhandels, der Handarbeit, der Schule, des Analogen im Digitalen.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

David Sax, Jahrgang 1979, baut Brücken zwischen der analogen und digitalen Welt. (Residenz-Verlag)

Auch im Kapitel über die Schule, über die Bildung ganz allgemein, finde ich mich zurecht. Auch hier wird der Widerstreit zwischen digitalen Lerntechniken und angestammtem Lernen und Unterrichten mit Papier, Bleistift und Büchern beschrieben. Und das Fazit ist, dass sich das Analoge „einfach richtig anfühlt“. „Das ist halt irgendwie einfacher, mit einem Blatt Papier zu arbeiten, auf dem Wörter stehen“ sagte ein Mädchen aus einer Schule, die neue Lerntheorien in realen Klassen ausprobierten. Die Kinder selbst hatten sich für das Projekt für bedrucktes Papier und nicht für Benützung der Laptops und iPads entschieden.

Wäre weniger nicht mehr?

Am Buch des Journalisten David Sax, der 1979 in Toronto geboren wurde, schätze ich die nüchterne Sachlichkeit, mit der er seinen Stoff behandelt. Er gibt der Leserschaft umfassende Informationen über die Entwicklungen in den von ihm genannten Bereichen mit. Er zeigt anschaulich, wie sich die digitale Technologie, die grenzenlos zu sein scheint, immer wieder bricht an den Bedürfnissen der Menschen nach den Strukturen, die Raum, Zeit und Geld vorgeben. Und dass auch hier im Strudel der sich überschlagenden Entwicklungen immer wieder die Erkenntnis aufblitzt: „weniger ist mehr“. Oder sich mindestens die Frage aufdrängt: „wäre etwas weniger nicht mehr?“

David Sax: Die Rache des Analogen». Residenz-Verlag 2017. ISBN 978-3-7017-3407-8

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