StartseiteMagazinKulturSalzburg und Luzern im Rückblick

Salzburg und Luzern im Rückblick

Die Salzburger Festspiele und Lucerne Festival sind Sommer für Sommer die illustren Markenzeichen europäischer Hochkultur. Ein Vergleich ihrer Profile ist reizvoll. 

Man muss weder in Salzburg noch in Luzern gewesen sein, um Gemeinsamkeiten wie Gegensätze in den Profilen der beiden musikalischen Hochburgen auszumachen. Salzburg richtete die Festspiele dieses Jahr vom 21. Juli – 30. August aus, Luzern vom 11. August bis 10. September. Das hatte den Vorteil, dass prägende Persönlichkeiten wie die Dirigenten John Eliot Gardiner (mit den drei Monteverdi-Opern) und Simon Rattle ( mit Haydns „Schöpfung“ und Symphonien Schostakowitschs) mit ihren renommierten Orchestern hintereinander die gleichen Programme präsentieren konnten. Es zeigt aber auch, dass Effizienz und Vielfalt Gegensatzpaare sind, die bei gefeierten Pultstars von den Veranstaltern wohl zu schlucken sind.

Die Geschichte der Salzburger Festspiele beginnt 1920 mit der legendären „Jedermann“-Inszenierung von Max Reinhardt, doch schon in der Barockzeit wurde in der Geburtsstadt Mozarts Theater gespielt und musiziert. In Luzern war im Jahre 1938 Tribschen, ehemaliger Wohnsitz Richard Wagners, der Auslöser für die Feuertaufe mit einem grossen Konzert unter Arturo Toscanini. Während in Salzburg aber die Sparten Oper und Theater zu Eckpfeilern wurden, stand in Luzern das sinfonische Schaffen immer im Mittelpunkt, was nach der bedauerlichen Ablehnung der Salle Modulabe wohl so bleiben wird.

Dreimal Monteverdi mit John Eliot Gardiner in Salzburg wie in Luzern / © Chris Christodoulou 

Neue Aera in Salzburg, wegweisende Kontinuität in Luzern

Nach der etwas kurzatmigen Aera Pereira übernahm nun der Einheimische Markus Hinterhäuser das Szepter an der Salzach, und soeben wurde bekannt, dass die Leuchtenstadt den Vertrag mit dem Intendanten Michael Haefliger bis 2025 verlängert hat.

Was bedeutet das für die beiden musikalischen Leuchttürme? Die Gemeinsamkeiten enden hier jedenfalls abrupt – mit einem klaren Bekenntnis für Luzern. Hinterhäuser hat sich aus dem Schatten Pereiras mit sowohl mutigen wie fragwürdigen Programmierungen gestrampelt. Zu den mutigen gehören die packenden Neuinszenierungen von Schostakowitschs „Lady Macbeth von Mzensk» und Alban Bergs „Wozzek“ und die Weiterführung der „Ouverture Spirituelle“ mit traditionellen wie neuzeitlichen Akzenten. Zu den fragwürdigen die rührselig-provokative Aufbereitung von Mozarts „La clemenza di Tito“ unter dem Gespann Peter Sellars (Regie) und Teodor Currentzis (Dirigat), Verdis „Aida“ (Regie-Neuling: Shirin Neshat, am Pult Riccardo Muti) und der weitgehend missglückte Einstand der Schweizer Schauspielchefin Bettina Hering.

Das Erbe Harnoncourts ist in Salzburg bereits Geschichte. Der Shootingstar Teodor Currentzis haut mit seiner „musicAeterna“ in überladener Besetzung und neuzeitlicher Instrumentierung derart auf die Pauke, dass ihn von der Opulenz Richard Strauss’ nicht mehr viel trennt. Er und Sellars drücken auch auf die Tränendrüsen, indem sie ohne Bedenken sakrale Werksätze Mozarts einbauen, um aus der Oper eine Flüchtlingstragödie mit „Nabucco“-Potenzial zu generieren. Das ist, wie wenn man in Verdi-Opern Sätze aus seinem Requiem einflechten würde, weil es halt so schön ist. Sichere Werte wie Riccardo Muti und Anna Netrebko in „Aida“ allein scheinen zu genügen, um die unerfahrene iranische Filmkünstlerin Shirin Neshat mit einer fahlen, richtungslosen Inszenierung zu betrauen. Die Nobelgala füllt halt eher die Kassen als Experimente. Immerhin, wenn man bedenkt, dass die Eigenwirtschaftlichkeit über 75% beträgt und diesen Sommer 261’500 Kaufkarten mit einer Auslastung von 97% abgesetzt wurden, ist Fairness angesagt. Salzburg feiert halt sich selbst und ein treues, zahlkräftiges Publikum.

Chefdirigent Riccardo Chailly mit seinem Lucerne Festival Orchestra / © Peter Fischli

Die Gestade des Vierwaldstättersees heissen die magistralen Orchesterdampfer natürlich auch alljährlich willkommen. Dagegen ist auch nichts einzuwenden, zumal das diesjährige Motto „Identität“  spannende Programmierungen ergab. Riccardo Chailly trat mit seinem Lucerne Festival Orchestra und mit Richard Strauss und Strawinski mit geschärftem Profil aus dem Schatten Claudio Abbados, und die Solistenparade mit der Geigerin Patricia Kopaktschinskaja als „artiste étoile“ war erfolgreicher denn je.

Doch was Luzerns Zukunft sichert, dürfte die Fortsetzung der pionierhaften Avantgarde von Pierre Boulez durch Wolfgang Rihm und Matthias Pintscher sein, ein Vermächtnis ohnegleichen. Die musizierende Jugend aus aller Welt war in der Lucerne Festival Academy zusätzlich mit Heinz Holliger vertreten, der Gratisbesuch von „Interval“-Auftritten und „40min“-Kostproben und ein besonderer Erlebnistag der Superlative belegen, was für eine wegweisende künstlerische Zielrichtung Michael Haefliger seit seinem Amtsantritt 1999 verfolgt und wie erfolgreich die Mischung aus hochkarätigen (und finanziell einträglichen) Orchesterkonzerten und die Förderung zukunftsträchtiger Modelle, die weltweit aufhorchen lassen, ankommt. Salzburg und Luzern sind im Gleichschritt, aber der grosse Atem gehört dem Lucerne Festival.

 

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