StartseiteMagazinKulturAbstrakte und skurrile Wunderwelten

Abstrakte und skurrile Wunderwelten

Der „me Collectors Room“ in Berlin:  Kunstsammler Thomas Olbricht kauft und zeigt, was ihm gefällt

Berlin ist Traumziel des Kultur-Massentourismus geworden. So stehen sich die Besucherinnen und Besucher in den bekannten Tempeln der Hochkultur auf den Füssen, beispielsweise vor der weltberühmten Büste der Nofretete im Ägyptischen Museum oder im Jüdischen Museum oder einem anderen der grossen Häuser für Kunst und Kultur, die auf dem Museumsportal der Stadt aufgeführt sind.

My Abstract World, Installationsansicht © me Collectors Room Berlin, Photo Bernd Borchardt

Fast zufällig, aber dank einheimischer Führung gerät man an die Auguststrasse, wo rund um die ehemalige jüdische Mädchenschule ein regelrechtes Kunst- und Galerien-Zentrum im Entstehen ist, seit 2011 gehört der me Collectors Room dazu. Der bald 70jährige Kunstsammler Thomas Olbricht, von Beruf Mediziner, lässt sich von seiner Freude an starken Farben und intensivem Ausdruck leiten, wenn er Bilder kauft. Schon als Kind hat er gesammelt und gehortet, durch seinen Grossvater der im hohen Alter noch auf die Pop Art kam, wurde er angeregt, eine Kunstsammlung anzulegen. Zwar ist er im Rheinland zuhause, für sein Privatmuseum hat er jedoch Berlin als Standort gewählt.

Malerei aus Teheran: Ali Banisadr: Foreign Lands, 2015 © Ali Banisadr, Courtesy Galerie Thaddaeus Ropac. Photo: Charles Duprat

Die laufende Ausstellung My Abstract World zeigt Favoriten des Sammlers aus den über 350 abstrakten Arbeiten (demnächst folgt das gesamte Editionswerk von Sigmar Polke). Sämtliche Strömungen zeitgenössischer Malerei scheinen hier versammelt, neben den ganz berühmten wie Gerhard Richter oder Bernard Frize und bekannten Namen wie Etel Adnan oder Rosmarie Trockel gibt es Bilder von jungen Künstlern beispielsweise aus dem Mittleren Osten zu sehen. Ein weites Feld, dennoch alles unter einem Nenner, nämlich der Vorliebe des Sammlers. Das mag in anderen Fällen langweilig und mühsam sein, hier ist es überraschend und einleuchtend zugleich. Das me stehe nicht für das Sammler-Ego, sondern für moving energies, hat Olbricht, der seinen Namen keinesfalls am Haus haben wollte, gegenüber der Berliner Zeitung erklärt: «Solche Form der Selbstdarstellung ist mir total fremd. Das könnte ich über meinen Arztberuf viel besser als über dieses betriebswirtschaftlich wahnwitzige Unternehmen.“

Abstrakt oder doch irgendwie aus der Natur? Ausschnitt aus Bernard Frize: Thouan, 2002. Foto: E. Caflisch

In den Ausstellungsräumen hinter dem elegant diskreten Museumskaffee und dem Foyer mit Shop laden Sitzlandschaften aus Industriepaletten mit Kissen und Teppichen, mit Kunstbuch-Beigen und, wenn erwünscht, Getränken zur Kontemplation oder auch einem leise geführten Gespräch über die eine oder andere Malerei ein. Der Soundtrack mit Musikstücken zu einzelnen Bildern, die der Kunst- und Musikpublizist Max Dax ausgewählt hat, kann über eine App gehört werden. Zu Robert Longos Study of Autumn Rhythm spielt die App Godspeed You! Black Emperors, Mladic, zu Thomas Ruffs Substrat 3 l, wird ein Stück Götterdämmerung serviert.

Auch ohne Sound erschliesst sich die Magie dieser Ausstellung, die so unkonventionell wie eigenständig die abstrakte Bilderwelt eines Sammlers darstellt, im aktiven Zusammenschauen der so unterschiedlichen Bilder und Objekte.

 

Blick in die Wunderkammer Olbricht ©  Photo Bernd Borchardt

Eine völlig andere Zauberwelt gilt es im Obergeschoss zu entdecken, die Replik eines Raritätenkabinetts, wie sie Fürsten seit der Neuzeit gern anlegten. Diese Wunderkammer prunkt mit dem Präparat einer Riesenschildkröte von den Seychellen, aber auch mit kleinen Vanitas-Goldschmiedearbeiten aus dem Barock oder Kostbarkeiten aus Bernstein, Koralle und Kristall. Faszinierend die anatomischen Lehrmodelle samt Etui, beispielsweise die Schwangere mit offenem Uterus. Präsent ist der Tod in vielfältigen Ausformungen, überall begegnen uns kleine Skelette aus mehr oder minder wertvollen Materialien. Exotische Naturalia wie ein Schrumpfkopf, aber auch kunstgewerbliche Arbeiten wie eine Sammlung von Dosen in Sargform oder filigrane Kugeln – antik aus Elfenbein, aber auch vom Künstler Alastair Mackie 2009 zusammengebaut aus Mäuseschädeln, variieren das Memento Mori Thema.

Anatomisches Lehrmodell. Stephan Zick, Nürnberg um 1680 © Kunstkammer Georg Laue, München

Diese Wunderkammer ist keine Konserve mit sonderbaren Antiquitäten, auch heute wird für Neuzugänge gesorgt. Witzig, skurril und ebenso sehenswert wie die abstrakte Kunst aus der Sammlung Olbricht.

Teaserbild: Thomas Scvheibitz: Ohne Titel (Kugel), 2002 © VG Bild-Kunst,Bonn 2016, Photo Illmari Kalkkinen

Weitere Informationen finden Sie hier:
My Abstract World (bis 2. April)
Wunderkammer

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