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Beste Sicht von oben

Aufnahmen des Ballonfahrers Spelterini von den Alpen, Schweizer Städten und anderen sehenswerten Orten zeigt die Schweizerische Nationalbibliothek in Bern.

Am 3. Oktober 1898 überquerte Eduard Spelterini zum ersten Mal in einem Ballon die Alpen. Der Abenteurer der Lüfte war auch ein begabter Fotograf. In der Ausstellung «Von oben» zeigt die Schweizerische Nationalbibliothek in Zusammenarbeit mit dem Bundesamt SwissTopo Aufnahmen aus seiner Graphischen Sammlung und zeichnet damit die Geschichte der Luftaufnahmen in der Schweiz vom Ballon bis zur Drohne nach. Die originalen historischen Glasplattenabzüge sind sehr empfindlich, sie sind aber digitalisiert worden und im Internet frei abrufbar. Als Reproduktionen sehen wir rund hundert dieser Aufnahmen.

Reisen und Landkarten

Wahrscheinlich versuchten die Menschen, seit sie sesshaft geworden waren und auf Reisen gingen, sich mithilfe von Karten zu orientieren. Aus dem Land zwischen Euphrat und Tigris gibt es eine mehr als 4500 Jahre alte Tontafel, die als älteste Landkarte gilt. Die Strassenkarte aus der Römerzeit, genannt ‹Peutinger-Tafel›, könnte uns heute nicht mehr zur Orientierung dienen. Gegen Ende des Mittelalters festigte sich die Überzeugung, dass die Erde eine Kugel sein müsse. Der Nürnberger Gelehrte Martin Behaim schuf 1492 einen ‹Erdapfel›, auf dem die Kontinente Amerika und Australien fehlten. – Sie waren noch nicht entdeckt worden.

Eduard Spelterinis Aufnahme vom Lagginhorn

Für Mitteleuropa waren die Kupferstiche von Matthäus Merian aus Basel von grosser Bedeutung. Landkarten bezeugen die Fortschritte verschiedener Techniken: Auf Kupferstich folgten u.a. Lithografie und Typografie bis zur computergesteuerten Kartenherstellung. Aber auch die Vermessung und ihre Instrumente mussten im Laufe der Jahrhunderte erst erfunden bzw. weiterentwickelt werden. Um Grenzen festlegen zu können, waren genaue Karten schon immer entscheidend. Nachdem Napoleon in Europa vielerorts eine territoriale Neuordnung veranlasst hatte, wurde die Herstellung verlässlicher Landkarten umso dringlicher. – Ausserdem hatten die Brüder Montgolfier den Menschen vorgeführt, wie attraktiv die Welt aus der Luft erscheint.

Eduard Spelterini – der Ballonpionier

Spelterini war eigentlich ein Abenteurer und suchte spektakuläre Auftritte. Geboren im Toggenburg als Eduard Schweizer (1852–1931), nahm er nach einem Parisaufenthalt den Namen Spelterini an. Über die Gründe kann man nur spekulieren, wie überhaupt im Leben dieses Mannes einiges im Dunkel bleibt.

Eduard Spelterini vor dem Abheben, Kaserne Zürich. Foto: Robert Breitinger, 1893. Zentralbibliothek Zürich

Achtung verdient er jedoch als Fotograf und Respekt vor seinem Mut: Als Erster überquerte er die Alpen in einem Ballon in fast 7’000 Metern Höhe. Für die faszinierenden Luftaufnahmen scheute er keine Risiken. Seine Fotografien sind nicht nur die ersten Luftaufnahmen der Alpen, sie sind einzigartig, denn sie sind von einwandfreier Qualität, obwohl sie unter extremen Bedingungen entstanden sind: Die tiefen Temperaturen liessen die Mechanik der Apparate einfrieren, und die Glasnegative zersprangen bei unsanften Landungen. Trotz dieser Gefahren sind Spelterinis Luftaufnahmen äusserst klar und ästhetisch ansprechend.

Moderne Kartographie

Bei der Entwicklung von Luftaufnahmen übernahm die Armee eine wichtige Rolle. Da gab es auch skurrile Versuche: So befestigte man winzige Fotoapparate mit Selbstauslöser an der Brust von Brieftauben. Aber diese liessen sich schlecht dirigieren. Deshalb setzte die Armee zahlreiche Ballone ein, auch einen Fesselballon, der als «Bundeswurst» eine Attraktion wurde. Anfangs war die Datenerfassung aus dem Flugzeug eine äusserst gefährliche Sache, denn die Kartografen mussten sich für ihre Aufnahmen aus dem Flugzeug lehnen. Einmal geschah ein tödlicher Unfall, bei dem beide Piloten ums Leben kamen, nur der Fotoapparat mit den Aufnahmen blieb unbeschädigt, wie der Direktor vonSwissTopo Fridolin Wicki bei der Eröffnung berichtete. Nach dem 2. Weltkrieg wurden die inzwischen nutzlos gewordenen amerikanischen Bomber als Vermessungsflugzeuge genutzt. – Die Institution der Schweizerischen Landestopografie, heute SwissTopo, wurde schon 1837 gegründet, übrigens von Guillaume Henri Dufour, dem späteren General.

Kairo von oben. – Spelterinis Luftaufnahme der ägyptischen Metropole

Elektronik lässt sich heute nicht mehr wegdenken, wenn von Kartografie die Rede ist. Satellitenbilder sind unersetzlich geworden. Sie haben unseren Orientierungssinn und unsere räumliche Wahrnehmung verändert, ohne GPS-System verirren wir uns. Seit wenigen Jahren besetzen Drohnen unseren Luftraum – erwünscht oder ungeliebt – und fotografieren mehr, als vielen lieb ist. In der Ausstellung können Sie solch ein aktuelles ‹Spielzeug› ausprobieren und sich zusammen mit einer Drohne selbst fotografieren, also gleichsam ein ‹Drohnie› machen.

Ausstellungsplakat

Virtuelle Ballonfahrt

Ausstellungsbesucherinnen und -besucher können Spelterini virtuell bei der ersten Alpenüberquerung begleiten und in den Korb klettern, mithilfe einer Virtual-Reality-Brille abheben und sich hinauslehnen, um die Landschaften zu bewundern.

Die Ausstellung zeigt auch den berühmten ‹Erdaufgang›, das Foto unseres ‹Blauen Planeten›, das der Astronaut Bill Anders 1968 von Apollo 8 aus machte und das uns eine völlig neue Sicht auf die Erde, auf den unendlichen Weltraum und auf uns selbst eröffnete.

Die Ausstellung dauert noch bis 28. Juni 2019. Geöffnet Mo – Fr 9–18 Uhr.

Die Schweizerische Nationalbibliothek hat hochauflösende Bilder aus ihrer Sammlungim Internet zugänglich gemacht.

Alex Capus porträtiert Eduard Spelterini in seinem Buch «Patriarchen» (2006) neben neun anderen Schweizer Persönlichkeiten.

Alle Fotos: © Schweizerische Nationalbibliothek

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