StartseiteMagazinKolumnenDer störende Bleistift

Der störende Bleistift

Satirische Gedankensplitter: Es darf geschmunzelt werden!

Der Krieg ist uralt, und keine der beteiligten Parteien wird ihn je definitiv für sich entscheiden können: der Kampf nämlich zwischen den Pressefotografen auf der einen und Veranstaltern sowie Publikum auf der andern Seite. Während die Ersteren von der Zeitungsredaktion den unmissverständlichen Auftrag haben, vom Anlass eine gute Aufnahme zu liefern, nerven sich die andern über die damit einhergehende Unruhe. Auch wenn seit der Erfindung der Digitalfotografie während des empfindlichsten Pianissimo (ausgerechnet!) kaum mehr ein lästiges Klicken die sensiblen Ohren der Musikliebhaber stört – die Blitze sausen nach wie vor durch den schummrigen Raum und vermiesen den musikalischen Hochgenuss.

Nun, so kam es nicht von ungefähr, dass die routinierte Konzertkritikerin einer angesehenen Gazette, die sich neulich auf den Weg zur Arbeit machte, ihren üblichen Begleiter, den Fotoapparat, zu Hause gelassen hatte – immerhin hatte der Veranstalter der Redaktion zusammen mit der Einladung («Wir gehen davon aus, dass Sie wie immer angemessen über unser Konzert berichten!») mitgeteilt, dass jegliches Fotografieren zu unterlassen sei, denn die Künstler fühlten sich sonst gestört. Und im historischen Gemäuer auf einer im Zürichsee gelegenen Insel begrüsste der Orchesterchef die Zuhörer mit dem dezidierten Hinweis, jedes Fotografieren sei unter Androhung schwerster Marterstrafen verboten, denn die Künstler fühlten sich sonst…

Wie gewohnt setzte sich unsere Journalistin in die vorderste Reihe, wo sie die Musik nicht bloss hörte, sondern auch freien Blick auf die Interpreten hatte und sich ungestört ihre Notizen machen konnte. Sie war sich nicht der geringsten Schuld bewusst und konnte sich daher auch nicht erklären, dass sie vom Violinisten über dessen Brillenrand hinweg immer wieder fixiert wurde, wobei der Blick mit Fortdauer des Konzerts stets düsterer, die Stirnrunzeln tiefer wurden.

In der Pause wurde sie vom Chef subito gestellt. Was ihr eigentlich in den Sinn komme, während der Darbietungen irgendetwas zu notieren? Ihr Bleistift irritiere ihn ungemein, denn er habe immer das Gefühl, sie schreibe etwas auf, was mit seiner Musik zu tun habe, sie soll das – bitte schön – nach der Pause unterlassen. Was die Frau allerdings nicht tat, denn der Sinn einer Konzertkritik liegt ja eigentlich schon darin, über das Gehörte möglichst objektiv zu berichten, und Notizen können da nur von Gutem sein. Wie auch immer: Zu Hause am Computer war der Ärger über den Arrogantling verflogen, und die Journalistin verfasste eine wohlwollende Rezension, auch wenn nicht jede Passage so dargebracht worden war, wie sich das der Komponist vor ein paar hundert Jahren vorgestellt haben mochte.

Am frühen Morgen nach dem Erscheinen der Zeitung läutete beim Kulturredaktor das Telefon. Nicht, dass sich der Orchester-Chef hätte bedanken wollen – Gott bewahre! Er sei schon etwas enttäuscht, dass der Bericht nicht länger ausgefallen sei, und im Übrigen hätten er und seine Musiker dazu eigentlich eine Fotografie erwartet. Heutzutage könne ja völlig unauffällig fotografiert werden – die bequemen Journalisten («Man kennt sie ja!») müssten sich dazu nur etwas einfallen lassen, aber eben…

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