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Erstaugustreden: Nachlese

Es ist reizvoll, die Erstaugustreden unserer Bundesrätinnen und Bundesräte nachzulesen: Was bleibt haften? Selbstverständlich ist meine Übersicht einseitig, zufällig, völlig subjektiv! Die Texte holte ich aus dem Internet.

Bundespräsidentin Doris Leuthard erreichte das Volk mit der traditionellen Kurzansprache via Fernsehen. Diese Ansprache war des Lobes voll über die gute Situation, in der sich unser Land befindet: Stabilität, hohe Lebensqualität, keine tiefen Gräben in der Gesellschaft wie andernorts. Auch des Lobes voll über die Schweizerinnen und Schweizer, ein zukunftsfähiges und zukunftswilliges Volk, das die Chancen sieht und sie auch packt. Ein gefälliger Text, der uns das Herz warm werden, uns aber auch ein wenig erröten lässt. Sind wir wirklich so, wie wir da beschrieben werden? Ich denke, als Zielvorgabe für die nächsten Jahre können wir den Text durchgehen lassen!

Von Bundesrätin Simonetta Sommaruga fand ich leider nur eine deutsche Zusammenfassung ihrer Rede. Die französische Originalversion, auf die auf ihrer Website hingewiesen wird, war mir nicht zugänglich. Deshalb wäre es auch nicht fair, hier einen Kommentar abzugeben.

BR Didier Burkhalter begab sich auf eine Reise, durch das Vallée des Ormonts. Aber gleichzeitig auch auf eine Reise durch die Werte, die unser Land ausmachen, unser Zusammenleben stärken, uns weiterbringen. Von der Nationalhymne bis zur internationalen Hilfsbereitschaft und Friedensförderung liess er seine vergangene Tätigkeit als Aussenminister gleichsam nochmals Revue passieren. Was mich beim Lesen dieses „Testaments“ mit einer gewissen Melancholie erfüllte.

Auch BR Alain Berset treffen wir in der Landschaft, auf dem Julierpass.. Er eröffnete den Turm des Juliertheaters. Er bezeichnete den Julierpass als Symbol für die Vielfalt der Schweiz, für den kulturellen Austausch, für Identität und Öffnung. Und meinte, Öffnung müsse die Identität nicht gefährden, könne sie sogar stärken. Und der Julierturm, das Juliertheater, stehe nur auf Zeit. Passe daher perfekt in unsere Zeit der dramatischen Veränderungen und Umdeutungen. Man soll gut bauen – auch und gerade, wenn das Bauwerk nur auf Zeit steht! Wer will es BR Alain Berset verdenken, dass er in seiner Rede elegant auch auf die Abstimmung über die Altersvorsorge vom nächsten September schwenkte!

Und nun der Paukenschlag, schon im Titel erkennbar: „Freiheit als Vermächtnis“. Gemäss Einleitung hat BR Ueli Maurer diese Rede in fünf Gemeinden gehalten. Freiheit wovon, Freiheit wozu, möchte ich den Redner gerne fragen. Aber damit würde ich wohl schon zu den „Intellektuellen“ gehören, die ihren Seitenhieb abbekommen für ihren „Hang zur Selbstaufgabe“. Störrisch gemacht hat mich der Satz: „Dabei haben die Freiheit und der Kampf für die Freiheit bei uns eine lange Geschichte“. Ja, der Kampf, der Krieg, hat eine lange Geschichte. Schon Niklaus von Flüe (1417) zog in jungen Jahren als Offizier mit einer Rotte in den „Alten Zürichkrieg“ (1440 – 1444). Da ging es um Machtansprüche. Ulrich Zwingli, der Reformator, starb 1531 im zweiten Kappelerkrieg. Da ging es um die konfessionelle Dominanz in unserem Lande. Und am Vorabend der Gründung des Bundesstaates hatten wir 1847 den Sonderbundskrieg. Katholische Kantone gegen Kantone, die den Zentralstaat befürworteten. Auf welche Seite hätte sich damals wohl unser Augustredner geschlagen?

Originell war die Ansprache von BR Guy Parmelin. Er räumte der historischen Figur von Niklaus von Flüe einen grossen Platz ein. Er erklärte dessen Botschaft auch in der heutigen Welt noch für zeitgemäss und stellte ihn uns als Vorbild hin. Und verwob dies mit Gedanken über unser politisches Zusammenwirken bei aller Vielfalt. Und über unsere Entwicklung zu einem der attraktivsten und innovativsten Länder der Welt.

„Wilhelm Tell, die Digitalisierung und die Schweiz von heute“, der Titel der Rede von BR Johann Schneider-Amman weckte Erwartungen. Zeitgemäss fand ich die Idee, der Redner habe Wilhelm Tell eine E-Mail geschickt, um ihn aus erster Hand über die Entwicklungen in der Schweiz, über ihre Erfolgsstory, zu orientieren. Nur, die Mail kam gemäss Redetext nicht an: „Empfänger unbekannt, falsche Cloud“. Mein schwarzer Verdacht: Wäre die Mail angekommen, hätte der Bundesrat uns ja auch noch über die Antwort von Wlilhelm Tell informieren müssen. Und das wäre wohl des Guten zu viel geworden!

Für mich die gewichtigste Rede hielt Bundeskanzler Walter Thurnherr auf dem Rütli. Titel: „Vom Unterschied zwischen „anders sein“ und „anders machen“. Eindrücklich beschrieb er an konkreten Beispielen die rasanten Veränderungen in unserem Lande in den letzten zweihundert Jahren: Vom Jahr der grossen Hungersnot 1816 im „Jahr ohne Sommer“ bis zur Entwicklung unseres Eisenbahnnetzes, unserer Industrie, der Hotelpaläste, der ETH und Universitäten, des Wohnungsbaus, der Schulen und Spitäler. Aber er benennt auch die Fragen der Zukunft: globale Klimaerwärmung, Flüchtlingsströme, unsichere Weltwirtschaft…“Die Dinge sind nicht einfacher, sondern komplexer geworden“. Ich verstehe, warum die Besucherinnen und Besucher der Feier auf dem Rütli, mit denen ich seither gesprochen habe, von dieser Ansprache total begeistert waren. Unbedingt nachlesen, es lohnt sich!

Im Grunde haben alle unsere Magistratinnen und Magistrate über dasselbe gesprochen. Kann ja, am Geburtstag eines Landes, fast nicht anders sein. Nur denke ich, wir Schweizerinnen und Schweizer sind in diesen Reden zu gut weggekommen. Zu penetrant waren die vielen Hinweise auf unsere Erfolge. Zu spärlich die Ausblicke auf die Anforderungen einer globalisierten und digitalisierten Welt an uns, an unsere Kinder und Kindeskinder.

Denn mein Fazit ist schon lange: Nichts ist garantiert. Alles muss immer wieder neu errungen werden!

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