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Flüchtlinge auf Busreise

Die israelische Regisseurin Yael Ronen zeigt auf der Zürcher Pfauenbühne eine entwaffnend komische «Winterreise» durch deutsche Städte und Zürich.

Nach dem Saisonstart mit «Die Dreigroschenoper» wartet das Zürcher Schauspielhaus mit einem Flüchtlingsdrama auf, das im Frühjahr 2017 im Maxim Gorki Theater in Berlin uraufgeführt wurde und überall lobende Kritik fand. Die aus Israel stammende Regisseurin Yael Ronen beleuchtet in ihrem Stück «Winterreise» Fragen, Erfahrungen und Schwierigkeiten des Lebens von Flüchtlingen in der Fremde. Gespielt wird das Stück von sechs im deutschen Exil lebenden Schauspielerinnen und Schauspielern aus Syrien, Israel, Afghanistan und Palästina des im November 2016 gegründeten «Exil Ensemble».

Der deutsche Niels Bormann (links) bereitet die im Exil lebenden Schauspieler auf die Busfahrt vor.

Ausgangspunkt der Aufführung ist eine winterliche Busreise durch mehrere deutsche Städte und Zürich. Vor einer teilbaren weissen Wand, auf der Videoeinspielungen Momentaufnahmen von Stationen ihrer Reise zeigen, fordern die sechs Exilanten mit Koffern den hilfsbereiten deutschen Kollegen Niels Bormann auf, ihnen die Chance zu geben, den deutschen Alltag wirklich nah zu erleben. Die erste Station der Busreise ist Dresden.

«Ich wusste gar nicht, dass Merkel Muslima ist»

Statt die Stadt mit der berühmten Semper-Oper anzusehen, verharrt die Reisegruppe im Hotel, weil draussen eine Pegida-Demonstration wütet. Vom Hotel aus kommentieren sie mit entwaffnender Witzigkeit Plakate und Slogans der Pegidisten. «Ich wusste gar nicht, dass Merkel Muslima ist», meint eine der Exilantinnen, als sie das Plakat «Fatima Merkel» las. Dieser und weitere Sprüche wie «Kartoffeln statt Döner» entlarven mit bestechender Komik die Absurdität solcher Begegnungen.

Weitere Stationen der Reise sind das KZ Buchenwald bei Weimar, das leere Fussballstadion in München. «Niels hat gesagt, er will uns das romantische und das klassische Deutschland zeigen. Aber dann zeigt er uns Pegida und Buchenwald», sagt der syrische Schauspieler Mazen Aljubbeh enttäuscht und erinnert daran, dass der Architekt des KZ Buchenwald später Gefängnisse in Syrien gebaut hat, die noch heute in Betrieb sind. Niels – von den Exilanten auch «the Niels» genannt – ausgeklügelte Reiseroute entpuppt sich im Verlauf des Abends als völlige Fehlplanung, die viel über deutsche Vergangenheitsbewältigung und Gründlichkeit verrät und so für mehr Verwirrung als für Annäherung sorgt.

Verblüffend unterhaltsam und anregend

Just diese publikumswirksame Mischung aus Humor und Ernsthaftigkeit zeichnet die Inszenierung aus. Dazwischen sind Monologe über Erlebtes zu hören, zum Beispiel was es heisst, eine monatelange Odyssee über mehrere Grenzen auf sich zu nehmen, Familie und Freunde zu verlassen. Weitere Projektionen von Zeichnungen auf der Grossleinwand sowie Tanz- und Gesangseinlagen verdeutlichen auf eindrückliche Weise die Erinnerungen, Hoffnungen und Sehnsüchte der Akteure.

Hussein Al Shatheli schildert seinen Fluchtweg über mehrere Grenzen. (Fotos: Ute Langkafel)

Die international mehrfach ausgezeichnete Regisseurin ist bekannt für ihren Entwaffnungshumor, mit dem sie ihre Stücke über politisch brisante Themen ausstaffiert. In «Winterreise» ist ihr das meisterlich gelungen. Die Inszenierung ist nicht anklagend, sondern verblüffend unterhaltsam und anregend. Das bravourös spielende Ensemble verleiht den Figuren Authentizität und Glaubwürdigkeit, die berühren und nachdenklich stimmen. Vorab die aus Syrien stammende Kenda Hmeidan sorgt mit ihrem kecken Auftritt immer wieder für heitere Momente. Belohnt wurde der erste Zürcher Abend mit enormem Beifall und Bravo-Rufen.

Weitere Speildaten: 26., 27. September, 1., 2. Oktober, je 20 Uhr 

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