StartseiteMagazinKulturGriechen-Krimi nahe an der Realität

Griechen-Krimi nahe an der Realität

Der griechische Schriftsteller Petros Markaris ist bekannt für seine Krimis, die immer nahe an der Realität spielen. So auch der neueste Fall, den Kommissar Kostas Charitos zu lösen hat.

Griechenland vor dem Bankrott! Grexit ist möglich! Aktuelle Schlagzeilen auf allen Kanälen. Griechen gegen Deutsche hört man allenthalben und genau davon handelt der Krimi „Zurück auf Start“: Der Deutschgrieche Andreas Makridis wird erhängt in seiner Wohnung in Athen aufgefunden.

Bald kursiert ein Schreiben einer bisher unbekannten Gruppierung „Griechen der fünfziger Jahre“. Darin wird behauptet, Makridis sei ermordet worden. Wer steckt hinter der Gruppierung? Terroristen? Verrückte alte Leute, die sich auf frühere Werte berufen? Und haben sie tatsächlich mit der darauf folgenden Mordserie zu tun?

Dramatische Entwicklung

Markaris hält einen nicht mit banalem Einführungs-Geplänkel hin, es wird sofort dramatisch und hoch politisch: Katerina, die Tochter von Kommissar Charitos, wird von einem Neonazi der Partei „Goldene Morgenröte“ zusammengeschlagen, vor dem Gerichtsgebäude, mitten in Athen, am helllichten Tag. Katerina ist Rechtsanwältin, ihr Engagement für Einwanderer ist ihr offenbar zum Verhängnis geworden. Die Szene wird von einem grinsenden Polizisten beobachtet, der später auch Charitos bedroht. Aber weder der Kommissar noch seine Tochter wollen klein bei geben, obwohl die Prügelei wenig später im Netz auftaucht mit der Warnung, alle, die ähnlich denken müssten dafür bezahlen.

Der erhängte Deutsche mit griechischen Wurzeln

Charitos hat aber noch andere Sorgen: Ein Toter, der ihm gemeldet wird, ist ein Deutscher mit griechischen Wurzeln. Andreas Makridis hat sich erhängt, Selbstmord ist wahrscheinlich. Aber, weil im aktuell heiklen deutsch-griechischen Verhältnis Vorsicht geboten ist, ordnet Charitos eine Obduktion an. Die bestätigt den Suizid. Aber dann taucht so etwas wie ein Mord- Bekennerschreiben auf, es ist gezeichnet mit „Die Griechen der fünfziger Jahre“. Die Gruppe ist völlig unbekannt. Diese Leute müssen etwa 80 Jahre alt sein, woher sollten sie den Toten kennen, warum sich mit ihm befassen?

Makridis war jedenfalls in guter Absicht in Griechenland, der Elektroingenieur wollte eine Firma gründen und an der Küste einen grossen Windpark bauen. Allerdings wurden ihm von Behörden und Verwaltung mächtige Prügel zwischen die Beine geworfen. Ein Motiv für den Suizid?

Und dann ein „richtiger“ Mord

Beim toten Chronis Nikitopoulos, Inhaber eines privaten Nachhilfe-Instituts, ist die Lage klar: er sitzt erschossen in seinem Bürostuhl. Die Szene ähnelt einer Hinrichtung. Seine Frau bezichtigt sofort die Ausländer im Quartier und hofft auf die Rache der „Griechischen Morgenröte“. Das Institut ist teuer und hat im Quartier eine Monopol-Stellung. Klar ist, der Leiter hat keine finanziellen Sorgen, wohnt in einem vornehmen Quartier und schickt seinen Sohn zum Studium nach London. Woher er das Geld dafür hat, ist allerdings schleierhaft.

Im Internet wird ein altes Klassen-Foto gepostet, mit dem Hinweis, Reiche könnten sich Nachhilfe leisten, Arme bekämen nicht einmal einen Studienplatz. Die Schulen sollten wieder werden, wie früher. Gezeichnet: „Die Griechen der fünfziger Jahre.“ Ein weiterer Hinweis auf diese Zeit: Die Mordwaffe stammt aus dem Jahr 1950, es gibt sie nur noch in Museen. Wie aber hängen die beiden Ereignisse zusammen, der Suizid des Deutschgriechen und der Mord am Institut-Leiter?

Ein toter „Schmierer“ und ermordete Bauern

Der dritte Tote, zu dessen Mord sich „die Griechen der fünfziger Jahre“ bekennen, ist noch jung. Er trägt Designer-Klamotten, fährt ein schickes Auto und ist offiziell arbeitslos. Aber inoffiziell betätigt er sich als „Schmierer“. Das heisst, er „vermittelt“ zwischen Bürgern und der Verwaltung, will sagen, er ebnet ersteren die Wege, in dem er letztere schmiert. Das hat er auch bei Makridis versucht, erfolglos allerdings. Für die Beamten tut sich das weite Feld des Korruptionssumpfs auf. Immerhin gibt es eine erste Verbindung zwischen den Opfern.

Als auch noch Bauern ermordet werden, immer gefolgt von den Hinweisen der „Griechen der fünfziger Jahre“, die fordern „Zurück auf Start“, sieht Charitos ein, dass er tiefer graben muss. Nämlich bis zurück in die dunkle Vergangenheit des Bürgerkriegs, als Rechtskonservative sich als „Kommunistenfresser“ betätigten. Auch muss er die Frage klären, ob möglicherweise ein Zusammenhang besteht mit der Partei „Goldene Morgenröte“.

Ein Jota zu lang

Das Original des Buches ist 2014 erschienen. Also noch lange bevor die jetzige Regierung mit den „jungen wilden Griechen“ am Ruder war. Ein Hinweis besagt aber, dass die deutsche Fassung mit dem Autor noch einmal durchgegangen wurde. Das ist offensichtlich, es finden sich immer wieder aktuelle Bezüge. Zum Beispiel auf die Flüchtlings- und Sparproblematik oder auf unterschwelligen Rassismus. Auch die ungeliebte Troika aus Brüssel, und wie man sie überlisten kann, wird erwähnt. Das macht die Lektüre spannend und interessant.

Der Krimi hat aber auch seine Schwächen, er ist ein bisschen langfädig. Das hängt nicht zuletzt mit der ziemlich holprigen und umständlichen Sprache zusammen und mit viel überflüssigem Ballast. Um ein Viertel eingedampft, würde die Geschichte viel gewinnen. Immerhin: ein detailliertes Register erleichtert die Orientierung beim zahlreichen Personal.

Petros Markaris: „Zurück auf Start“, erschienen bei Diogenes, 348 S., ISBN 978-3-257- 06925 -9, ca. Fr. 32.90

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