StartseiteMagazinKolumnenHumpty Dumpty sat on a wall…

Humpty Dumpty sat on a wall…

Statt Politik und Krieg in düsterer Zeit ein Kinderlied

Eigentlich wollte ich, gerade in düsterer Zeit der Krisen und Kriege, einmal in dieser Kolumne nichts Politisches und nichts Kriegerisches schreiben. Denn politisch Lied ist garstig Lied, und wer es singt, verherrlicht entweder etwas, oder er schreibt eine Satire. Bleiben wir also beim unpolitischen Lied

Wie wäre es mit Kinderreimen?

„Schlaf Kindchen schlaf“ – doch halt, steht dort nicht etwas vom Vater, der Krieg führt  im Pommerland? „Pommerland ist abgebrannt. Die Mutter hütet Schaf, schlaf Kindchen schlaf.“- Na, so gar pazifistisch ist das nicht.(Zugegeben, in der Originalfassung steht nichts vom Krieg und nichts vom Pommerland. Aber die Parodie ist viel geläufiger).

Also ein französisches Kinderlied: „Marlbrough s’en va-t-en guerre“. Aber nein, das ist nicht einmal nur kriegerisch, sondern eine politische Satire: Der Duke of Marlborough, Ahne von Winston Churchill, ist anfang des 18. Jahrhunderts nach Frankreich in den Krieg gezogen und wollte an Ostern zurück sein. Doch es wird Pfingsten und Marlbrough ist immer noch nicht zu Hause. Da bringt ein in Schwarz gekleideter Page der Herzogin die Nachricht, dass ihr Mann gefallen sei.

Also, ein anderes bekanntes Kinderlied, …

… ohne Ironie, aber leider trotzdem mit kriegerischem Bezug:

„Humpty Dumpty sat on a wall
Humpty Dumpty did a great fall
All the king’s horses and all the king‘s men
Couldn’t put Humpty together again!“

Zu deutsch in meiner Übersetzung etwa:

Humpty Dumpty sass auf dem Wall
Hatte dabei einen Fall-Unfall
Alle Pferde und des Königs Mannen
Konnten ihn nicht mehr setzen zusammen.

Humpty Dumpty, eine in England beliebte Spielzeugfigur war ein eiförmiges Männchen mit riesigem Ranzen und spränzeligen Gliedern. Humpty Dumpty wurde von Lewis Carroll in einer Fortsetzung von Alice im Wunderland als unduldsamer Schulmeister geschildert, der Alice lehrt, was Ruhm sei: „Du weisst es nicht. Natürlich nicht – bis ich es Dir sage. Da hast Du ein schönes zwingendes Argument!“ – „Aber Ruhm heisst doch nicht schönes zwingendes Argument?“ fragt Alice und fügte hinzu: „Die Frage ist doch, ob Du den Worten eine eigene  Bewertung geben darfst?“ Humpty selbstherrlich: «Nein, die Frage ist nur, wer die Macht hat. Das ist alles!“ In der deutschen Übersetzung von „Alice hinter den Spiegeln“ heisst Humpty  übrigens „Goggelmoggel“.

Das Lied „Humpty Dumpty“ wurde schon im 17. Jahrhundert gesungen. Angeblich bezieht es sich auf eine Kanone, welche 1648 königstreue Soldaten in Colchester auf dem Kirchturm von St. Marys on the Wall postierten, die aber von republikanischen Geschützen mit Volltreffern zum Absturz gebracht wurde. Weder die Kavallerie (all the king’s horses) noch die Infanterie (all the kings men) konnten die Kanone wieder zusammen setzen.

Humpty Dumpty regte die Fantasie an.

Wir haben den Kinderreim im Realgymnasium in Basel im englischen Lesebuch kennen gelernt. Wieso mir das Gedicht geblieben ist, weiss ich nicht. Immerhin steckt offenbar etwas dahinter, denn neben dem Kinderbuchschreiber Carroll beschäftigten sich noch andere Geistesgrössen mit Humpty Dumpty. «Als Humpty-Dumpty-Argumente werden Behauptungen bezeichnet, die in einer Diskussion als gültig angeführt werden, ohne bewiesen zu werden, einfach aus der Macht des Argumentierenden heraus.» (…)

(…) «Das Eiermännchen dient auch modernen Barden in vielfältigen Variationen. Bekannt sind mehrere Zitate aus dem Kinderreim, so z. B. in Travis› The Humpty Dumpty Love Song, dem letzten Song auf ihrem Album The Invisible Band (2001). Bereits in den ersten Zeilen bedient sich Fran Healy der Wortwahl des Vierzeilers: “All of the king’s horses/And all of the king’s men/Couldn’t pull my heart back together again./All of the physicians/And mathematicians too/Failed to stop my heart from breaking in two.”

Im Verlauf des Textes wird dann deutlich, dass nur die besungene Person in der Lage ist, das Herz des Erzählers wieder zusammenzusetzen, was im eigentlichen Kinderreim als unmöglich dargestellt wird. Daher kommt die Schlussfolgerung: “Yeah you got the glue/So I’m gonna give my heart to you.” (Dies und noch mehr Hinweise auf moderne Songs unter (de.wikipedia.org/wiki/Humpty_Dumpty).

Fazit

Kinderlieder ohne geschichtlichen, politischen, satirischen oder verliebten Hintergrund gibt es wohl nicht. Es würde sich lohnen, etwa Lieder wie „Maria sass auf einem Stein“, „Backe, backe Kuchen!“ „Bienchen summ herum“ auf ihre Herkunft, ihren Gehalt und auch politische Tendenz zu überprüfen. Beispiel:

Sitzt ein Büblein auf dem Ast ,
hüpft von Ast zum Ästchen ,
kuckt ins Vogelnestchen,
ei da lacht es, ei da kracht es,
Blums da liegt es unten.

Immer wieder diese Tendenz der deutschen Ge-und Belehrsamkeit: Wehe wenn Du den Vögeln nachsteigst, später den Mädchen, und dann den verheirateten Frauen – am Schluss „Blums, da liegst du unten…“

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