Kinderstube ade!

Die Entwicklung weckt Besorgnis: Die Hemmschwellen in den Spitälern und gegenüber den Ordnungshütern, den Kondukteuren, Tram- und Busfahrern sinken immer mehr. Weshalb eigentlich?

Was ist das für eine Gesellschaft, in der Rücksichtslosigkeit, ja nackte Gewalt immer mehr zunehmen? Kein Fussballspiel ohne Randale, kein Ausgang ohne massive Schlägereien und kein Tag, wo Dienstleistende in der Öffentlichkeit nicht tätlich angegangen und verbal verunglimpft werden. Das gab es schon immer? Aber nicht in dieser Häufigkeit, nicht mit dieser Aggressivität. Die Spirale des Hasses, der Missgunst und des Kontrollverlustes dreht sich, z.T. aus nichtigem Anlass, und eine Besänftigung ist nicht in Sicht. Sogar das Spitalpersonal, der Notfalldienst und die Sozialbehörden müssen sich mit Zugangskontrollen, ja gar mit Polizeipräsenz gegen gewaltbereite Zudringlinge wappnen.

Die Notfallstation im Inselspital Bern kann ein Lied davon singen: „Schlagen, würgen, beleidigen: Das Pflegepersonal muss sich immer häufiger gegen seine Patienten wehren. Es will helfen und wird dafür bespuckt, bedroht oder sogar tätlich angegriffen.“ Nun hat das Inselspital auf die zunehmende Gewaltbereitschaft reagiert: „ Ärzten und Pflegefachpersonen wird in Selbstverteidigungskursen gezeigt, wie sie sich gegen Angriffe wehren können. Zudem sind auch bauliche Massnahmen unausweichlich.“ Alkohol- und Drogeneinfluss sind oft die Ursache für flegelhaftes Benehmen: „«Wir haben es mit Angriffen mit Reizgas zu tun oder mit Schlägen und Würgattacken. Vor allem für junges und weibliches Personal sind solche Angriffe oft traumatisierend», so der Chef der Notfallstation.

Der Tagesanzeiger zählt im öffentlichen Verkehr  die grössten Stressfaktoren der Busfahrer auf: „Velo-Rowdys, rücksichtslose Autofahrer, grölende und betrunkene Jugendliche, motzende Passagiere. Aggression und Hektik im Verkehr nehmen zu. Fussgänger und Velofahrer warten nicht mehr am Rotlicht, Autofahrer mit immer grösseren Wagen drängeln. Immer mehr Verkehrsteilnehmer bewegen sich nur noch nebenbei fort, zur Hauptsache telefonieren sie, bedienen Whatsapp und Facebook, hören Musik.“

Nicht genug damit, muss auch die Kinderschutzgruppe und Opferberatungsstelle des Kinderspitals Zürich seit der Erhebung von 1969 Jahr für Jahr höhere Fallzahlen an Kindsmisshandlungen verzeichnen. „Ziel der Kinderschutzgruppe ist es, durch sorgfältig geplante Interventionen drohende Misshandlungen abzuwenden und betroffene Kinder und Jugendliche vor wiederholter Misshandlung zu schützen. Das Ziel aller Bemühungen ist, das Wohl der Kinder und Jugendlichen sicherzustellen, indem sie gesundheitlich versorgt werden, aber auch ihr soziales Netzwerk gestützt und gestärkt wird.“

Können wir aufgrund dieser erschreckenden Tatbestände einfach zur Tagesordnung übergehen und die Hände in den Schoss legen? Ich meine nein. Wir alle können unsere sozialen Kontakte oder unsere Stimmzettel dazu nutzen, Gegensteuer zu geben, uns mit Dienstleistenden solidarisch zu verhalten, auch einmal zu intervenieren, wenn es geboten ist.

Eine gute Kinderstube hat etwas mit Erziehung zu tun. Und die wird immer mehr vernachlässigt oder ausgelagert in Kitas, Krippen oder in die Schulen. Die Lehrenden sollen es bitte richten. Es muss auch aufhören, Mütter zu verunglimpfen, wenn sie für ihre Sprösslinge einige Jahre zuhause bleiben und sie mit der nötigen Nestwärme umsorgen. Die Väter sind von dieser Verantwortung nicht auszunehmen. Der Vaterschaftsurlaub muss endlich mehrheitsfähig werden. Das Kindswohl trägt zum Wohl der ganzen Gesellschaft bei  und ist nicht einfach zu delegieren. Wer den Ursachen zunehmender Gewaltbereitschaft auf den Grund gehen will, sollte sich das Sprichwort wieder einmal in Erinnerung rufen: „Was Hänschen nicht lernt, lernt Hans nimmermehr.“ Altbacken und moralinsauer? Sei’s drum  – Gegensteuer geben.

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