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Klartext aus Bundesbern

Im Streit um den Fremdsprachenunterricht hat Bundesrat Alain Berset die Kantone noch kurz vor den Sommerferien aus dem Schlaf geweckt. Schrötig, aber nötig?

Das Hohelied der Bildungshoheit der Kantone tönt seit Jahren ziemlich dissonant. Wenn nun Bundesrat Alain Berset ein Machtwort spricht und nach Jahren des Zauderns und Wehklagens eine Vernehmlassung zur Harmonisierung des Sprachenunterrichts durchführt, tönt es aus der Deutschschweiz wie immer. Man dürfe dem Föderalismus nicht ungestraft die Zähne ziehen, das sei ein unverhältnismässiger Eingriff. Die Kantone seien schliesslich laut Monika Knill von der Konferenz der kantonalen Erziehungsdirektoren (EDK)  „in Sachen Harmonisierung der Volksschule gut unterwegs“. Allerdings einigten sich die Kantone bereits 2004 auf das Harmos-Konkordat, und in diesen zwölf Jahren driften die Meinungen über den Stellenwert des Französischen in der Primarschule mehr und mehr auseinander, statt dass es zu einem freundeidgenössischen Kompromiss gekommen wäre.

Man kann dem Bundesrat nicht vorwerfen, er handle voreilig. Er zeigt sich sogar sehr flexibel, indem er drei Varianten vorschlägt, bei denen selbst Eigenbrötler das Gesicht nicht verlieren sollten. Die Kantone hätten sich nur an die Bundesverfassung zu halten und  „ob man sich in unserem Land gegenseitig versteht, ist von eminenter Bedeutung“, so Alain Berset.

„Man foutiert sich bewusst ums Frühfranzösisch“

Wenn jemand unbestechlich und auf Augenmass die Probleme unseres Schulföderalismus aus dem „ff“ kennt, dann ist es Beat W. Zemp, der Präsident des Schweizerischen Lehrerverbandes. Er findet es richtig, dass der Bundesrat seine Drohkulisse aufrecht hält: „Es kann nicht angehen, dass man sich in gewissen Kantonen bewusst um das Frühfranzösisch foutiert. Die Bundesverfassung verlangt, das dann Bundesbern einschreitet. Dass man eine zweite Landessprache versteht, ist zentral für die Verständigung in der Schweiz.“

Wer etwas tiefer in die Materie blickt, sieht allerdings noch ein ganz anderes Malaise. Es ist Teilen der Wirtschaft schnurz egal, ob die Kohärenz zwischen den Landessprachen spielt oder nicht, solange Englisch nicht tangiert ist. Da können die Welschen noch so bedeutsam den Zusammenhalt der Schweiz heraufbeschwören, das ist für viele Wortführer reine Nostalgie. Die französische Handelskultur des 19. Jahrhunderts musste nun einmal der Weltsprache Englisch weichen – „so what“?

Leider kann auch der Lehrkörper auf Primarschulstufe mehr schlecht als recht Französisch. Wenn früher der Austausch über die Sprachgrenzen hinweg mit Klassenlagern oder einem Fremdsprachenaufenthalt gepflegt wurde, dann ist diese Tradition in vielen Kantonen nicht mehr „en vogue“. Und mit dem Pauken der französischen Grammatik ist es nun wirklich nicht getan. Damit ist kein einziger Schleckstengel zu kaufen.

Gravierender ist aber die Bildungsschere, die zwischen begabten, mehr oder weniger motivierten oder bildungsfernen Schülern auseinander klafft. Da immer mehr nicht einmal ihre Muttersprache (was ist das eigentlich?) beherrschen, ist doch klar, dass dann höchstens noch die angelsächsische Populärmusik retten soll, was nicht mehr zu retten ist. Ein radikales Umdenken wäre vonnöten: Niemand lernt Fremdsprachen schneller und kreativer als die Kinder. Weshalb fördern wir diese Bereitschaft der Begabten so halbherzig? Und warum muss jeder Primarschüler unbedingt zwei Fremdsprachen lernen, selbst wenn er nach der obligatorischen Schulzeit nicht einmal einigermassen fehlerfrei Deutsch schreiben und sprechen kann? Wir sollten das Schwarz-Peter-Spiel endlich beenden und uns wieder einmal in Erinnerung rufen, dass Bildung der einzige Rohstoff ist, über den die Schweiz verfügt und der sie konkurrenzfähig und krisenresistent macht.

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