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Kunstaustausch Iran-Europa

«Sehnsucht Persien» im Museum Rietberg zeigt den kulturellen Austausch im Abend- und Morgenland zur Barockzeit sowie eindrückliche, verstörende Gegenwartskunst aus Teheran.

Nur noch zwei Wochenenden und wenige Tage dazwischen, dann ist eine ausserordentliche Ausstellung in Zürich vorbei, werden Teppiche, Miniaturen, Stahlstiche,  Installationen und  Gemälde aus dem Iran, Polen und dem sonstigen Europa wieder eingepackt: Sehnsucht Persien, die grosse Schau im Rietbergmuseum verpasst zu haben, wäre vor allem wegen der geschickt in die historische Ausstellung eingebaute Gegenwartskunst von Iranerinnen und Iranern weit mehr als eine Bildungslücke.

Tunnelblick weiten

Die Präsentation ist geeignet, unseren vom Tagesgeschehen geformten Tunnelblick auf den Iran mit Atommeilern, islamistischer Gewalt und politischer Stellungnahme für den syrischen Machthaber zu weiten, uns mit dem regen Diskurs Europa-Persien im 17. und 18. Jahrhundert einen regen kulturellen Diskurs zu zeigen und mit Gegenwartskunst aus Teheran, welche sich mit globalen Ausdrucksmöglichkeiten an der iranischen Tradition und Gesellschaft orientiert, unerwartete Räume zu öffnen.

Just a Minute. Parastou Forouhar 2006. Still aus Flash-Animation

Erwähnt sei die Bildgestaltung von Gewaltszenen in Ornamenten von Parasthou Forouhar neben einem alten Wandteppich mit verwandten Motiven, oder auch die Installation aus Haarlocken und Gewehrläufen von Mandana Moghaddam.

Raum mit iranischen Gemälden aus dem 18. Jahrhundert und Objekten aus dem 21. Museum Rietberg

Diese aktuellen Kunstwerke von sieben Frauen und Männern zu zeigen, ist das Ausserordentliche in der Schau über den regen kulturellen Austausch, der sich im Gefolge des aufkommenden Handels im 17. Jahrhundert entwickelte. Auch die Gegenwartskunst steht in einem Spannungsfeld zwischen Orient und Okzident, oder anders gesagt der eigenen, widersprüchlichen Gesellschaft und der globalisierten Zivilisation. Verstörend und erhellend sind diese Arbeiten, die sich mit Geschlechterproblematik, Gewalt und Angst auseinandersetzen.

Chelgis V und I 2013 und 2002 von Mandana Moghaddam: Haar und verschiedene Materialien. Museum Rietberg.

Was sie wollen, ist mitunter  einfacher zu entschlüsseln als die Artefakte aus der Barockzeit, und es erfreut, dass sie anders als manche bekannte Kunst der internationalen Szene weder beliebig noch spekulativ sind.

Lebhafter kultureller Austausch

Die Schau Sehnsucht Persien. Kunst im europäisch-persischen Dialog (1590-1720) belegt die vielfältigen Verpflechtungen des Iran mit Europa. Sie behandelt zwei Grundthemen, nämlich die künstlerische Beschäftigung mit Persien im barocken Europa, die Rezeption europäischer Bilder und deren Verarbeitung im safawidischen Persien. Europa und Persien hatten rege Kontakte jeder Art, tauschten Gesandte aus und kooperierten im  Blick auf den gemeinsamen Feind, das osmanische Reich. Es wurde reger Handel getrieben, französische Ordensleute kamen, und mit der Zeit folgten Abenteurer, Handwerker, Uhrmacher, Künstler aller Art.

Seidenschärpe aus dem Iran für polnische Adelige.
18. Jahrhundert. Krakau, Nationalmuseum

In der Adelsrepublik Polen-Litauen wurden kostbare Schärpen zum Bestandteil der Nationaltracht, der orientalische Stil wurde mit Teppichen, Gewändern und persischen Seidenstoffen richtig Mode. Die polnischen Edlen konstruierten sich so eine orientalische Identität in bewusster Abgrenzung zum übrigen Europa. Es entstanden auch Manufakturen in Polen, und heute ist es oft schwer, einen Stoff Persien oder Polen zuzuordnen.
In den Niederlanden wurde der Perser in der biblischen Historienmalerei zur wichtigen Figur, und auf orientalisierenden Porträts finden sich Bürgersleute mit Turbanen. Wer erinnert nicht Rembrandts Bibelszenen und turbangeschmückter Herren.

Abraham verstösst Hagar und Ismael
Rembrandt van Rijn, Amsterdam, 1637
Amsterdam, Rijksmuseum

Am Hof der safawidischen Herrscher wurden Stiche und Gemälde, welche im Austausch zu persischen Luxusgegenständen und kostbaren Stoffen nach Isfahan gelangten, adaptiert und in der traditionellen Technik verarbeitet und letztlich zu Eigen gemacht. So weist die Ausstellung anhand vieler Beispiele die Übernahme biblischer Szenen, italienischer Naturdarstellungen und des weiblichen Akts in die iranische Kunst nach.

Europäische Motive in Isfahan

Den Niederländern in persischer Tracht entsprechen  Jünglinge mit europäischen Schlapphüten und Kniehosen, gemalt von iranischen Künstlern.  Oder Stiche von Vögeln aus Italien, die in Teppiche und Schärpen eingewirkt werden.

03Schah Soleyman mit Höflingen. Aligoli Jebadar. Iran 1670-75. Sankt Petersburg, Russ. Akademie der Wissenschaften, Institut für oriental. Handschriften.

Wer sich Zeit nimmt und genau hinsieht, findet heraus, wie vielfältig die Wechselbeziehungen in Kunst und Kunsthandwerk waren. Ausserdem hilft der Katalog weiter, ein schwergewichtiges Werk, das nebst den Abbildungen vor allem umfangreiche Texte als Hintergrund enthält und über die Ausstellung hinaus Aufschluss über das damals und das heute in der Kunst des Irans im Austausch zum Rest der Welt gibt.

Titelbild : Mann in türkischer (?) Tracht (Ausschnitt)
Iran, 17. /18. Jh. Doha, Museum of Islamic Art

Am 9. Januar findet eine Führung mit den Kuratoren Axel Langervund Susann Wintsch statt.

Katalog: Sehnsucht Persien. Hg. von Axel Langer. Museum Rietberg und Verlag Scheidegger & Spiess, 2013. 59 Franken

Reiseberichte vom Iran  auf Seniorweb:
https://seniorweb.ch/type/magazine-story/2012-11-07-ein-anderer-blick…
https://seniorweb.ch/type/magazine-story/2012-11-13-iran-uraltes-kult…

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