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Licht und Libellen

„Langmatt, Licht, Libellen – Impressionismus gestern und heute“: Das Museum Langmatt zeigt Meisterwerke des französischen Impressionismus mit Werken der Gegenwartskunst.

Licht und Bewegung gehörten zu den Hauptanliegen der Impressionisten. Das Badener Museum Langmatt hat zwölf junge Künstler eingeladen und befragt, wie sie mit Licht und Bewegung umgehen. Ihre Antworten auf die alten Meister stehen nun denselben gegenüber. Trotz zeitspezifischer Unterschiede bezüglich Stil und Technik ergänzen sie sich. Die Faszination der Kunstschaffenden für Licht und Bewegung ist heute noch so lebendig wie vor rund 140 Jahren.

Claude Monet; Eisschollen im Dämmerlicht, 1893. Museum Langmatt

Das Museum Langmatt kann dank der im Sommer erfolgten Renovation der Gemäldegalerie mit einem neuen Ausstellungskonzept aufwarten. Die alte, in die Jahre gekommene rostrote Tapete wurde ersetzt durch eine hellgraue Wandbespannung, gewoben nach dem Originalmuster von 1906. So kann dieser repräsentative Raum auch als eigentliche Galerie genutzt werden und verdoppelt so die Ausstellungsfläche. Die hauseigenen Schätze erscheinen in Verbindung mit zeitgenössischer Kunst. Um die Werke zu vergleichen, legt die Ausstellung bewusst den Schwerpunkt auf die Malerei. Doch das Spektrum der Techniken reicht von Malerei und Zeichnung über Fotografie bis hin zu skulpturalen und installativen raumgreifenden Arbeiten.

Robert Zandfliet, Untitled, 2013. Courtesy Bernhard Knaus Fine Art, Frankfurt

Tritt man in die Galerie, entdeckt man auf einer Seite Seestücke von Claude Monet, Auguste Renoir und Odilon Redon, die übers Eck im Dialog stehen mit einem grossen Print Ruaud II, 2006, von Elger Esser (*1967). Diese Fotografie zeigt die scheinbar unendliche Weite einer in diffuses Licht getauchten ruhigen Seelandschaft, lediglich verortet mit einem weissen Boot und zarter Horizontlinie. Auch Michael Bibersteins (1948-2013) Ansichten sind nur vage fassbar und lösen sich in warmen, eruptiven Farbklängen auf.

Demgegenüber schaffen auf der anderen Seite des Raums Paul Cézannes farbintensive, strukturierte Landschaften L’Estaque, um 1883, und ein Haus in der Gegend von Pontoise, um 1875, einen Kontrapunkt. Seine frühen Werke stehen in Beziehung mit zwei grossformatigen Malereien von Ute Klein (*1965). Ihre leuchtenden Landschaften sind durch eine Art Drippingtechnik mit stark verdünnter Ölfarbe entstanden, die sie auf die liegende Leinwand giesst und diese durch gezieltes Anheben auf der Fläche verrinnen lässt. Dabei entstehen mystisch anmutende Farbkompositionen, in welche der Betrachter seine eigene Fantasie hineinzaubern kann. Die Waldlandschaft Dandenong, 2011, hat Ute Klein in Erinnerung an den australischen Urwald gemalt.

Blick in die Ausstellung. Museum Langmatt. Foto: Joëlle Flumet

Licht, Bewegung, Farbe spiegeln sich übergreifend in allen Werken wieder. Die drei luftigen installativen Skulpturen aus verschweissten Plastikfolien von Anna Amadio (*1963) sind stellenweise mit leuchtenden Farben versehen und schaffen ein räumliches Pendant zur Malerei. Auch zu den Bildern, die in alter Manier bis fast zur Decke übereinander farblich assoziativ gehängt sind. Die Renoirs und Cézannes wirken neben den Werken von Thierry Perriard (*1978) oder Emmanuelle Castellan (*1976) erfrischend und jugendlich. Der optische Schlusspunkt in der Gemäldegalerie bildet das überdimensionierte Ölgemälde Castel, 2014, von David Schnell (*1971). Beim Betrachten scheint sich das Bild wie ein Film zu bewegen, die flirrenden Farben erinnern an Cézannes Landschaften aus der Provence, und man könnte stundenlang darin verweilen.

Camille Pissarro, Herbst in Eragny, 1899 (Langmatt) und Alain Huck, La Fosse, 2006 (Privatsammlung, Genf)

Die Ausstellung geht im Obergeschoss weiter, wo dem Besucher im Vestibül gleich die luftig bewegte Wandmalerei in Gouache von Julia Steiner (*1982) entgegenschwärmt und zum ersten Raum führt. Hier begegnet man Alain Hucks (*1957) grossformatigen Papierarbeiten in Kohle, schraffiert mit einem dichten Gitternetz von Formen, Linien und Lichtpunkten. Sie spiegeln sich mit Camille Pissarros späten Werken, in welchen sich seine pointillistische Arbeitsweise niedergeschlagen hat. Daneben wirken die kleinen Bleistiftzeichnungen von Marcel Gähler (*1969) wie Miniaturen. Die schemenhaften Szenen darauf sind durch einen komplexen Arbeitsprozess über Fotografie und Projektion entstanden. Im folgenden Raum leuchten die transparenten Aquarelle von Robert Zandvliet (*1970) wie Kristalle an der Wand. Sie stehen im Dialog mit Renoirs Insel Chatou von 1879 und Edgar Degas Akt in Pastell von 1885/1886. In der Ecke thront wie eine Königin eine installative Figur aus Plastikfolie und violetter Farbe von Anna Amadio von 2015.

El Frauenfelder, Motel blau/gelb 3, 2015 (Privatsammlung)

Nach den eher ephemeren Impressionen rückt im letzten Ausstellungsraum scheinbar wieder die Realität in den Vordergrund. Aber welche Realität? El Frauenfelder (*1979) erschafft mit kräftigen Pinselstrichen Szenen, die an Filmausschnitte erinnern. Ein Sessel vor einem offenen Fenster mit Blick aufs Meer Hilton Katajanokka, 2012, oder Gebäude mit Lastwagen, 2013, beide ohne menschliche Figur. Die Atmosphäre ist aufgeladen und geheimnisvoll. El Frauenfelders Bilder werden konfrontiert mit Alfred Sisleys Kirche von Moret, 1893, und mit Eugène Boudins kleinformatigen Strandszenen in der Normandie, die dazu anregen, Geschichten zu erzählen.

Zum Abschluss ist ein kurzer Spaziergang im Park angesagt, wo Reto Boller(*1966) den Jaguar versteckt hat, das Auto, das seit diesem Jahr für das Museum Langmatt als Kunst im Kombi – Die schnellste Kunsthalle der Welt im Einsatz steht und bereits verschiedene Künstler anregte, kreativ mit ihm umzugehen. Reto Boller – Breakdown hat sich auf das Ausstellungsthema eingelassen und den Jaguar so kunstvoll präpariert und platziert, dass beim Betrachten ein innerer Film abspult.

bis 11. Dezember 2016 Begleitpublikation mit einem Essay von Markus Stegmann, 144 Seiten, 48 Franken

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