StartseiteMagazinGesellschaftMit dem rasenden Reporter ins neue Jahr!

Mit dem rasenden Reporter ins neue Jahr!

Die Idee entstand in einer Redaktionssitzung. Wir sollten uns gegenseitig interviewen, damit die Leser wissen, wer hinter den Geschichten steht. Judith Stamm befragte Josef Ritler.

Judith StammSeppi Ritler, am Weihnachtstag, am 25.12.77 starb Charlie Chaplin, der viele Jahre in der Schweiz gelebt hat. Als junger Reporter konntest Du diesen herausragenden Künstler treffen und bewahrst in Deinem Archiv einen Beitrag über diese Begegnung auf. Was waren Deine Gefühle, als Du den kurzen Film  während der  Weihnachtstage auf Tele 1 wieder angesehen hast?

Abschied von Charles Chaplin auf seinem Landgut in Vevey

Die Anfrage vom Sender kam am Weihnachtstag kurz vor Mittag. Ich habe mit der Zusage für den Auftritt selbst die Reporterin überrascht. Die Vorbereitung war kein Problem. Die Bilder sind auf meiner Website http://www.ritlermedia.ch unter Promis platziert und die Erinnerungen an den Besuch bei Charlie Chaplin waren in meinem «Elefantengedächtnis», so Karl Lüönd, so präsent, als wäre es gestern gewesen. So konnte ich vor der Kamera frisch von der Leber erzählen, wie ich mich damals gefühlt habe, als wir Photoreporter Charlie Chaplin in Vevey besucht und ihm den Pokal «Lächelnde Kamera» überreicht haben und wie ich mit ihm an den Genfersee spaziert bin und mich anschliessend mit einem Händedruck verabschiedet habe. Ich habe anschliessend vor Ehrfurcht eine Woche lang die Hände nicht gewaschen. Der Beitrag ist hier zu sehen: https://www.tele1.ch/sendungen/1/Nachrichten#411287_4

Seppi, der rasende Reporter. Er reitet von früh bis spät.. (Illustration: Urs Maltry)

In Deiner Laufbahn als «Blick-Reporter» hast Du über unzählige solcher interessanter Begegnungen berichtet. Wie kamst Du zu Deinem Beruf?

Eigentlich sollte ich Bau-Ingenieur werden, musste aber wegen einer Zementallergie das Studium abbrechen. So wurde mein Hobby zum Beruf: Ich habe die Photographenlehre in Luzern gemacht und anschliessend von meinem Pressebüro aus Schweizer Zeitungen mit Reportagen beliefert. Als die Schweizer Armee für die Expo64 in Lausanne einen Film mit ausländischen Kameraleuten im geheimen Réduit drehen liess und ich Bilder von den Dreharbeiten machen konnte, wurde der BLICK auf mich aufmerksam. Seither arbeitete ich 40 Jahren unter 12 Chefredaktoren für Ringier.

 Josef Ritler mit dem ersten Autotelefon

Du und ich kennen uns ja seit Jahren. Als ich bei der Kantonspolizei Luzern Kripobeamtin war, warst Du «unser» Blick-Reporter. Wir fanden uns von Dir immer fair behandelt, auch wenn Du negativ berichten musstest. Du hast uns nie in die Pfanne gehauen! Es stimmte auch immer, was Du geschrieben hast! Auch wenn es sich um schwierige, heikle, gefährliche Situationen handelte. Kannst Du uns Dein «Berufsgeheimnis» verraten?

Geheimnisse sind da, um nicht verraten zu werden. Nur so viel: Ich war immer rund um die Uhr das ganze Jahr erreichbar. Damals gab es noch keine Natel und Piepser. Die Bereitschaft war da, jederzeit hundertprozentig einsatzfähig zu sein. Ich versuchte immer, beide Seiten einer Geschichte anzuhören und die Menschen ernst zu nehmen. Die Fakten mussten immer stimmen. Für die Schlagzeilen sorgten Spezialisten auf der Redaktion.

Du warst ja Tag und Nacht auf Achse. Wie hat das Deine Ehefrau, Deine Familie ertragen? Von aussen betrachtet, habt Ihr Deine berufliche Laufbahn sehr gut «verkraftet» und habt ein herzliches Familienleben.

Ohne meine tolle Frau Antonietta wäre das alles nicht möglich gewesen. In der Laudatio an der Ausstellung im Kunstpanorama in Luzern, an der Werke von mir gezeigt wurden, erklärte mein früherer Chef Fridolin Luchsinger: «Eine Würdigung der Karriere von Seppi Ritler wäre unvollständig, ohne dabei die Arbeit und Unterstützung seiner Frau zu würdigen. Sie war Hausfrau, Mutter, Sekretärin, Telefonistin, Archivarin. Drehscheibe und vieles mehr… Haben Sie herzlichen Dank. Ohne Ihren unermüdlichen Einsatz wäre das Gesamtkunstwerk Seppi Ritler nie entstanden.»

Ein Lieblingsbild. Wallfahrt zum Bruder Klaus aufs Flüeli- Ranft nach starkem Erdbeben mit Bundesrat Ludwig von Moos im Jahre 1964

Wir sind eine Medienfamilie. Sohn Jean-Pierre lernte Schriftsetzer und ist heute als freiberuflicher Journalist und Fotograf und als Dozent beim MAZ tätig.

Tochter Jacqueline lernte Fotolithografin und führt heute das Cafe und Bistro Piazza in Frick.

Du hast Auszeichnungen und Preise bekommen. Deine Bilder werden in Ausstellungen gezeigt. Natürlich geht jeder Juornalist seinen eignenen Weg. Aber gibt es Dinge, die Du Deinen jungen Berufskollegenmitgeben möchtest, wenn sie Dich fragen würden?

Neugier! Offen für alles. Beobachten – das Blümlein am Strassenrand im Seitenlicht sehen und fotografieren. Die Menschen verstehen – und die Glöggli hinter den Ohren bimmeln lassen. Vieles kann man nicht lernen, man hat Talent oder man hat es nicht.

Und wie hast Du im Pensionsalter auf ein gemächlicheres Leben umgestellt?

Gemächlicheres Leben kenne ich nicht. Ich gehe jeden Tag eine Stunde ins Fitness-Studio und lebe unter anderem nach den Grundsätzen, die ich bei den Pfadfindern («Giraffe») gelernt habe: «Allzeit bereit!» und «Jeden Tag eine gute Tat». Das erhält jung und fit. Und, man muss auch in sich ruhen können (habe ich beim Pfeifenrauchen gelernt) und ich sage oft: «Was willst Du an einem Felsen rütteln!»

Fotos: Josef Ritler

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