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Sprechende Wände

Stimmen der Zimmer“ heisst die neue Ausstellung im Museum Langmatt. Sie verbindet Kunst und Literatur in Bild und Wort.

Was wirkt stärker: Wort oder Bild? Von dieser Frage ausgehend, entstand das Ausstellungskonzept Stimmen der Zimmer- Im Zwischenraum von Kunst und Literatur für das Museum Langmatt in Baden. Das Bild scheint in unserer stark visuell ausgerichteten Zeit vorherrschend. Doch auch die Sprache verschafft sich wortgewaltig Gehör, nicht zuletzt über die neuen Medien. Die Grenzen zwischen Bildender Kunst und Literatur, zwischen Objekt und Text sind durchlässiger geworden. Immer mehr Kunstschaffende entwickeln Werke, in welchen die Sprache als künstlerisches Material erscheint. Umgekehrt eröffnen sich Schreibenden zunehmend visuelle Ausdrucksmöglichkeiten.

Ausstellungsplakat

Die Ausstellung in Kooperation mit dem Aargauer Literaturhaus präsentiert vier Schriftstellerinnen und Schriftsteller und drei Kunstschaffende verschiedener Generationen aus unterschiedlichen Regionen der Schweiz. Sie waren eingeladen, sich mit der Geschichte, der Sammlung oder der Architektur des Hauses auseinanderzusetzen und neue Arbeiten zu entwickeln. Für die Präsentation durften sie sich ihren Raum aussuchen. Die so entstandenen Arbeiten verleihen den sieben Räumen des Obergeschosses je eine Stimme. Und das Publikum ist eingeladen, diese visuell und akustisch zu erkunden – dafür lohnt es sich, genügend Zeit einzuplanen.

Die kleine Bibliothek des erstgeborenen Sohnes Sidney Hamlet Brown (1898-1970) ist erstmals frei zugänglich. In einem kleinen Kartonmodell der Bibliothek kleben Post-it-Zettel mit Zahlen drauf, Leitzahlen für die Suche nach versteckten Briefen. Die Schriftstellerin Michelle Steinbeck (*1990 in Lenzburg, lebt in Basel), die sich gerne mit surrealen Welten beschäftigt, setzte sich mit Sidney H. Brown vertieft auseinander, insbesondere mit dessen Zeit als Delegierter des IKRK in Äthiopien bei Haile Selassie (1892-1975), dem letzten Kaiser von Abessinien. Sie verfasste 13 fiktive Briefe von Sidney an den Regenten, mit dem er freundschaftlich verbunden war. Besucher dürfen diese Briefe in der Bibliothek suchen, Schubladen öffnen, unter den Teppich schauen und die Briefe bequem in einem Fauteuil lesen.

In Sidney H. Browns Bibliothek hat Michelle Steinbeck fiktive Briefe versteckt.

Auch das angrenzende Winterthurer Zimmer ist nun frei zugänglich. Hier kann man sich mitten in den alten Familienstücken der Hausherrin Jenny Brown-Sulzer (1871-1968) auf das Sofa niedersetzen. Auf dem Tisch steht ein Telefonapparat. Wenn man den Hörer abnimmt, kann man in die Geschichte des Hörstücks „Marie“ eintauchen. Die gereimte Geschichte, angeregt von einem unbekannten Porträt eines Mädchens mit rotem Umhang, stammt von Simon Libsig (*1977 in Ennetbaden, lebt in Baden). Libsig ist als Poetry Slammer und Schriftsteller bekannt. Er ist mit dem Haus verbunden und koordiniert jeweils die etwas andere 1. August-Feier mit Poeten zur Lage der Nation im Park der Langmatt.

Porträt eines Mädchens im Winterthurer Zimmer der Jenny Brown-Sulzer

Der Schriftsteller Klaus Merz (*1945 in Aarau, lebt in Unterkulm) zeigt in der Langmatt erstmals einen repräsentativen Teil seiner Kunstsammlung öffentlich. Es sind vorwiegend Werke aus dem Freundeskreis. Freunde, die seine Bücher illustriert haben. Die Wände sind übersäht mit den vorwiegend kleinformatigen Arbeiten. Ein Blatt auf dem Tisch gibt Auskunft über deren Urheber. Auf den antiken Tischen sind zudem die Bücher von Klaus Merz ausgelegt, in die man sich vertiefen kann.

Klaus Merz hat einen Raum mit seiner Kunstsammlung und seinen Büchern ausgestattet.

In der Veranda hat sich Sarah Elena Müller (*1990 in Amden, lebt in Bern) vom historischen Steinway-Flügel, der sich im Erdgeschoss befindet, inspirieren lassen. In einem von ihr entwickelten Hörstück spielt Jenny Brown die Hauptrolle und erscheint als geheimnisvolle Lady, die manch dunkle Gedanken hegt. Weitere Elemente, wie das hier ausgestellte Stiefelpaar und eine Geige, beleben die skurrile Geschichte.

Elisabeth Wandeler-Deck (*1939 in Zürich, lebt dort) hat ihre Gedichte mit dem Titel „Poèmes d’ameublement“ auf verschiedenen Beistelltischchen, die sie in einer Ecke zusammengeschoben hat, platziert. Auf einem anderen Tischchen liegen 10 Gedichte zum Mitnehmen auf. Die Holztreppe aus Sidney H. Browns Bibliothek steht wie eine Skulptur im Raum und läuft ins Leere. Aus dem Off, d.h. aus dem Wandschrank, ertönen Geräusche und die Stimme der Autorin in einem experimentellen Hörstück.

Rauminstallation von Nina Rieben: Hier weht noch ein Hauch von Leben.

Eine weitere, subtile Rauminstallation stammt von Nina Rieben (*1992 in Bern, lebt dort). Objekte, Bilder und Sprache treten hier in eine wechselseitige Beziehung. Ihre Arbeiten evozieren im Raum einen zarten Hauch vom hier einst gelebten Leben.

Zeichnung von Beni Bischof

Auf den Wänden des Vestibüls im Obergeschoss reihen sich 45 Zeichnungen, Aquarelle und Collagen von Beni Bischof(*1976 in Widnau, lebt in St. Gallen/Widnau) dicht an dicht. Mit sparsamen Strichen, Färbungen und Worten spiegeln sie alltägliche Situationen, gesellschaftskritische oder spielerisch-humorvolle Momente. Sprache und Bild bringen komplexe Situationen witzig und hintergründig auf den Punkt. Der einfache Eingriff mit starker Wirkung ist sein Element, damit hat sich Beni Bischof auch einen Namen gemacht.

Fotos: Ruth Vuilleumier

bis 19. August 2018
Informationsblätter für den Rundgang liegen auf. Es gibt keinen Katalog.

Sommerabend der Stimmen am Donnerstag, 28. Juni 2018, um 20:00 Uhr
Kurzlesungen und Gespräche im Rahmen der Ausstellung 
Stimmen der Zimmer mit Klaus Merz, Nina Rieben, Elisabeth Wandeler-Deck und Markus Stegmann. Anschliessend Apéro.

http://www.langmatt.ch/
http://www.aargauer-literaturhaus.ch/

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