StartseiteMagazinGesellschaftStatussymbole auf Leben und Tod

Statussymbole auf Leben und Tod

Reichtum bedeutet Ruhm. Wer mehr Güter besitzt, wird auch höher geschätzt. Der Glaube, dass alle es schaffen können, wenn sie nur wollen, spornt China an. Eine Serie in 9 Teilen, Folge 5

Es ist durchaus nicht als diskriminierende Äusserung zu verstehen, wenn man in der chinesischen Gesellschaft eine Tendenz feststellt, materielle Güter hoch zu bewerten. Reichtum ist erstrebenswert und der Abschiedsgruss „Gute Gesundheit, Reichtum und ein langes Leben“ zeigt, welchen Stellenwert materielle Dinge in der chinesischen Kultur haben.

Ritueller Materialismus

Das sieht man auch an folgender Geschichte: Wir waren während der zwei Mal jährlich stattfindenden drei Trauertagen unterwegs, bei denen in China die Ahnen geehrt und ihre Gräber besucht werden.

Räucherstäbe entzünden vor einem Tempel

Dabei wird nicht nur krachendes Feuerwerk gezündet, es werden auch jede Menge Gegenstände aus Papier verbrannt, damit die Ahnen sie im Jenseits nutzen können. Auf den Märkten und in Läden sind in diesen Tagen Papierimitationen von Fernsehern, Kühlschränken, Autos, Smartphones und anderen Dingen zu kaufen, die dann an den Gräbern verbrannt werden. Damit sollen die Ahnen im Jenseits auf Komfort nicht verzichten müssen. Auch Kopien von Banknoten werden verbrannt, damit sich die Verstorbenen im Jenseits die Dinge kaufen können, die sie benötigen. Mit einem Lächeln erzählte uns die Reiseleiterin, ein Enkel habe am Grab der Grossmutter bemerkt, sie könne ja einen eben „geopferten“ Computer gar nicht bedienen. So wurde zusätzlich Geld verbrannt, damit sie sich im Jenseits einen Computerkurs leisten könne… si non è vero, è molto ben trovato.

Alter und neuer Reichtum: Befestigungsanlage von Xi’an vor modernen Türmen

Die sinngemässen, bekannt-berühmten Worte des Reformers Deng von anfangs der Achtzigerjahre, Reichtum sei erstrebenswert für alle, gipfeln in der Aussage des Direktors Richard Li von der Sino Strategic International: „Reichtum bedeutet Ruhm“. So streben offenbar alle nach materiellem Reichtum, und ich frage mich, wie die herausgestellten teuren Statussymbole auf normalem Weg zu erwerben ist. Denn die Löhne im untersten Beschäftigungssegment (z.B. Wanderarbeiter) betragen umgerechnet um die 250 Franken pro Monat, ausgebildete Frauen und Männer verdienen als Angestellte das drei- bis vierfache. Die Zeiten, als China das Billiglohnland par excellence war, sind indes vorbei: Die Textilindustrie mit ihren traditionell tiefen Löhnen wurde nach Bangladesh oder Vietnam ausgelagert.

Vorankommen durch Fleiss – auch beim Self-check-in vor dem Abflug

Auf Grund der Aussagen unserer verschiedenen Reiseleiterinnen und -leiter bekamen wir den leisen Eindruck, die Menschen würden in China nach Massgabe ihrer materiellen Errungenschaften klassifiziert, im Sinne von: Die armen Wanderarbeiter sind auf dem Weg zum Reichtum, sie haben es bis jetzt einfach noch nicht geschafft, werden aber reich werden, wenn sie sich nur genügend anstrengen und fleissig sind. Es lässt sich eine gewisse Verachtung für jene Leute herausspüren, die es nicht zu Wohlstand bringen. Sie sind halt eben zu faul zum Arbeiten, spielsüchtig oder „asozial“.

Reich, reicher, am reichsten

Dass es in einem Land mit über 1’350 Millionen Einwohnern Zehntausende von Millionären und eine ganze Reihe von Superreichen gibt, verwundert nicht. Rätselhaft bleibt die Entstehung des relativen Wohlstands einer breiten Mittelklasse, die sich Wohnungen, Autos, Computer mit Flachbildschirmen und Auslandreisen leisten kann in einem Land, das noch vor wenigen Jahrzehnten zu den ärmsten der Welt gehörte.

Schüler knipsen Langnasen und umgekehrt

Internationale Organisationen gehen davon aus, dass in den letzten zwanzig Jahren 500 Millionen Chinesen in die Mittelschicht aufgestiegen sind. Zudem verfügen offenbar – gemäss verschiedener Zeitschriftenartikel – auch einfache Leute dank „Geschäften“ über genügend Geld, um damit in den Casinos von Macao das Spielerglück herauszufordern. Durchschnittlich 76’000 Angehörige der kommunistischen Volksrepublik strömen tagtäglich in die grösste Spielhölle der Welt, wo sie 2012 in 34 Casinos 39’000 Millionen US-Dollar liegen liessen – sechsmal mehr als der gesamte Umsatz in Las Vegas.

Woher nur haben die das Geld?

Weniger als ein Prozent der Bevölkerung besitzt 70Prozent des Vermögens, was eine riesige Kapitalkonzentration darstellt. 90 Prozent der Chinesen mit einem Vermögen von mehr als 100 Millionen US-Dollar sind zudem Nachkommen von Mitgliedern des inneren Zirkels der Kommunistischen Partei Chinas. Woher nur haben die das Geld?

Parteiprominenz müsste vor dem Mao-Mausoleum nicht Schlange stehen

Einer durchaus seriösen Quelle habe ich die Information entnommen, dass das gesamte Vermögen der Mitglieder des Zentralkomitees der Kommunistischen Partei Chinas grösser ist als das Vermögen sämtlicher Parlamentarier des amerikanischen Kongresses und Senats – zusammengenommen. Maos Enkelin soll ein Vermögen von mehr als 900 Millionen US-Dollar besitzen – ein speziell ironisches Detail aus der Geschichte des Sozialismus. Woher nur haben diese Kommunisten das viele Geld?

Alle Fotos © Arnold Fröhlich

In der Folge 6 (20.8.2013) geht es um Technologietransfer und Fälschungen mit einem Abstecher in die Schweiz

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