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Vom nicht Fotografierbaren

Die besten Schweizer Pressebilder 2013 sind im Landesmuseum Zürich zu sehen

Der Swiss Press Photo Award 2014, ein Diamant und 20’000 Franken, ist verliehen. Seit 1991 zeichnet die Fondation Reinhardt von Graffenried jährlich die besten Pressefotos aus. Nun ist die BildserieWaiting for the Iran Deal von Mark Henley, der den Wettbewerb bereits 2012 gewonnen hat, mit den übrigen ausgezeichneten Pressebildern auf dem neu renovierten Dachboden im Landesmuseum Zürich ausgestellt.

Waiting for the Iran Deal, Geneva, SwissInfo. © Mark Henley, Swiss Press Photo

Mark Henley, Fotograf des nicht Fotografierbaren, wie er vorgestellt wird, hat sich der Atom-Irankonferenz in Genf angenommen: Da kauert eine junge Frau mit dem üblichen Rüstzeug der Journalistin, Laptop, Tablet, Mobiltelefon, hochkonzentriert ivor einer verschlossenen Tür; sie trägt den Tschador. Im Interview verrät Henley, dass die iranische Journalistin wenige Minuten später auf Sendung ging, und zwar für den spanischsprachigen Fernsehkanal des Iran, und fügt bei «sehr exotisch.» Henley, der jahrzehntelang durch die ganze Welt reiste, lebt heute in Genf und findet seine Aufgabe «direkt vor der Haustür». In der Serie über die Atomkonferenz, zeigt er mit übermüdet wartenden oder hektisch herumtigernden Journalisten, einem Blick auf EU-Aussenbeauftragte Catherine Ashton hinter Bodyguards, mit Kameraleuten und Fotgrafen, welche schon wieder das fast identische Bild machen von Männern mit Aktentaschen; da erzählt er die Geschichte einer langwierigen Konferenz, von der man wenig Inhalte erfährt und worüber man dennoch berichten muss, jeden Tag, jede Stunde, weil sie ein Weltereignis ist.

Waiting for the Iran Deal, SwissInfo. © Mark Henley, Swiss Press Photo

Henley schildert zugleich das Leben der Presseleute, für die es heisst, früher da sein als die Protagonisten, dann lange warten, aber immer damit rechnen, dass etwas passiert. Solche Bilder sind historische Dokumente, halten Geschichte fest und erzählen eine Geschichte. Mark Henley findet auch beim ersehnten Ende des Deals den ganz besonderen Blickwinkel: gebückt, um die Kameras nicht zu stören, eilt ein Mensch – vermutlich ein Sicherheitsbeamter im Vordergrund als Schattenriss vorbei, scharf beobachtet vom iranischen Aussenminister, der nach einer endlosen Nachtsitzung früh um 04.30 Uhr das Abkommen vorstellt.

Für den Swiss Press Photo Award reichten 208 Fotografinnen und Fotografen fast 5000 Fotos ein, aus welchen eine internationale Jury die Preisträger wählte. Mark Henley, gewinnt den Hauptpreis und ist Sieger der Kategorie Aktualität, sozusagen der Königsdisziplin. Sport,PorträtAuslandAlltag und Schweizer Reportagen sind die anderen Kategorien. Bislang mussten alle eingereichten Bilder veröffentlicht sein, davon wird nun abgerückt. Im Zuge des Sparens und der Bilderflut, welche kostenlos verbreitet werden kann, verzichten Medien auf den fest angestellten Fotograf, beschäftigen immer weniger Redaktionen freie Fotojournalisten, begnügen sich vielmehr mit Agenturbildern (sehr guten, aber gleichentags hier und bei der Konkurrenz verwendet) oder veröffentlichen gar das Amateurfoto vom Handy des schreibenden Journalisten. Wer bei dem Wettbewerb ausgezeichnet wird, bekommt so vielleicht eine Chance, publiziert zu werden, begründet Michael von Graffenried als Vertreter der Stiftung die neue Regel.

La famille, Le Temps. © Eddy Mottaz, Swiss Press Photo

Die Jury hochkarätig und international zusammengesetzt hat den Tod von Anja Niedringhauszu beklagen, die unlängst in Afghanistan erschossen wurde. Sie habe sich immer für das echte, unbearbeitete Bild eingesetzt. Fotos, wie sie der Gewinner der Schweizer Reportagen Romano Riedo mit seiner SerieHinterland zeigt: es sind analoge Schwarzweissfotos mit dem natürlich vorhandenen Licht in Ställen oder Alphütten geknipst: Bilder von Armut in der Schweiz. Den Ausland-Preis gewann Steeve Iuncker mit Fotos aus der kältesten Stadt der Welt, Jakutsk, sogar eisige Kälte ist auf Fotos darstellbar (s. Titelbild).

Fliegende Kindergesichter, NZZ © Christoph Ruckstuhl, Swiss Press Photo

Auch Sportfotografie muss nicht nur aus immer gleichen Fussballtor-, Rennfahrer- oder Tennisspieler-Helgen bestehen. So hat sich Christoph Ruckstuhl auf einen besonderen Moment beschränkt und zeigt Kinder beim Kopfsprung kurz vor dem Eintauchen ins Wasser, also Koordination, Spannung, Haltung, Konzentration. Natürlicherweise umfasst die Kategorie Porträtmeist Prominenz aus dem Showbusiness oder Machtposen von Politikern oder Topmanagern. Ausgezeichnet wurde von der Jury ein anderes Bild. Es zeigt den Lausanner Stadtpräsidenten Daniel Brélaz mit Akupunkturnadeln im Gesicht. Der Mann hat letztes Jahr massiv abgespeckt, das war der Anfang.

Piqûre de magistrature. Le Matin Dimanche. © Sébastien Anex, Swiss Press Photo

Aber besser als lesen ist hingehen und schauen. Denn jede Serie, jedes der neunzig ausgezeichneten Bilder ist wirklich ausgezeichnet, könnte man kalauern. Die Schau zeigt eindrücklich das gute Niveau der Schweizer Pressefotografie, die mit dem Wettbewerb Swiss Press Photo von der Fondation Reinhardt von Graffenried gefördert wird. Auch in Zeiten, wo es immer schwieriger wird, als Pressefotograf oder -fotografin sein Brot zu verdienen.

Titelfoto: Yakoutsk: – 48° C, la ville la plus froide du monde, La Tribune de Genève. © Steeve Iuncker, Swiss Press Photo
Bis 6. Juli (später werden die besten Schweizer Pressebilder 2013 während des Filmfestivals in Locarno gezeigt, danach in Bern und schliesslich zusammen mit den besten Pressefotos der Welt im Chateau de Prangins bei Nyon.

Zur Ausstellung ist eine Publikation erschienen.

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