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Von Paul Klee bewegt

Etel Adnan, in Beirut, Paris und Kalifornien lebende Libanesin, zeigt im Zentrum Paul Klee, Bern, was «malend schreiben» bedeutet.

Was macht die ganze persönliche Tiefe, Ausstrahlung und Bedeutung eines Menschen aus? Seine Leistungen, seine Kunst? Seine Auseinandersetzungen mit den oft auch widerwärtigen Seiten des Lebens? Seine Intelligenz, Bildung und Ausbildung? Stunden nach dem Besuch der Ausstellung von Werken Etel Adnans können solche Gedanken und Fragen auftauchen.

Als Tochter einer Griechin aus Smyrna und eines Syrers aus Damaskus ist Etel Adnan 1925 im französisch besetzten Beirut zur Welt gekommen. Heute lebt sie vorwiegend in Paris. Als Jugendliche lernt sie fleissig Arabisch, wenn auch ohne nachhaltigen Erfolg. Einzig die Schriftzeichen prägen sich ein und spielen in ihrem späteren Schaffen eine nicht unbedeutende Rolle. Im Alter von Zwanzig beginnt sie, Gedichte zu schreiben. Das ist das Fundament zu einem späteren Hochschulstudium in Philosophie, zuerst in Paris an der Sorbonne, dann an den Universitäten Berkeley und Harvard. Ihre Publikationen sind vorwiegend Romane, Gedichte, philosophische Essais und journalistische Texte. Im Zusammenhang auch mit den politischen Entwicklungen und bewaffneten Konflikten will sie nicht mehr in ihrer französischen Muttersprache oder in einer anderen Kultursprache schreiben. Sie entschliesst sich, wie sie selber bezeugt, von jetzt an vor allem «malend zu schreiben». Und das, wiederum nach ihrem eigenen Bericht, auf Arabisch.

Den entscheidenden Anstoss zu ihrem künstlerischen Weg als Malerin erhält sie durch die Tagebücher von Paul Klee, die 1964 von der University of California Press auf Englisch publiziert werden. Etel Adnan erwirbt ein Exemplar, das ein wegweisender Schatz für sie wird. Der Maler Paul Klee und seine Bildsprache einerseits, andererseits seine in den persönlichen Zeilen durchscheinende Ausstrahlung mit, eben, den Widersprüchen und Auseinandersetzungen mit den Widerwärtigkeiten des Weltgeschehens und der persönlichen Existenz – das alles fasziniert die mittlerweile knapp Vierzigjährige.

Ohne Titel 1965. Leporello. 21.2 x 243.2 cm. © Courtesy the artist and Sfeir-Semler Gallery, Hamburg / Beirut, Foto: Volker Renner, Hamburg

Hatte sie bisher in ihren Leporellos mit Schriftzeichen und ungegenständlichen und zum Teil symbolischen Figuren (wie im Beispiel des Bildes oben) den Reichtum an innerlichen Erfahrungen, an Gesichtetem und Gedachtem malend und zeichnend «niedergeschrieben», führte die Begegnung mit Paul Klee zu neuen inneren Bildern, die danach drängten, sichtbar gemacht zu werden. Durch die Verschmelzung von Anregungen Klees, zusammen mit ihrer wachen und fantasievollen Auseinandersetzung mit den Konventionen und     Traditionen des Umfelds ihrer Herkunft, wird sie zu einer seit der DOCUMENTA 13 (2012) international gewürdigten Künstlerin.

Wendell Berry, 1963 Leporello. 29.8 x 532.8 cm. © Courtesy the artist and Sfeir-Semler Gallery, Hamburg / Beirut. Foto: Volker Renner, Hamburg

Die Kuratorin der Ausstellung im Zentrum Paul Klee, Fabienne Eggelhöfer, hat die Verknüpfung der Motive Paul Klees mit deren Weiterentwicklung und Paraphrasierung durch Etel Adnan wirkungsvoll gegenübergestellt. Was sofort auffällt: Auch wenn die Bildsprache spontan von einer gewissen Verwandtschaft von Motiven und Farben spricht, braucht es keiner vertieften Betrachtung, um das Eigne an Etel Adnans grossflächigen Gemälden und auch an den Tapisserien ebenso spontan zu erkennen. Die heute 93-jährige Künstlerin hat mit ihrem lebenslangen Suchen, Erkennen, Verarbeiten und Sichtbarmachen eine Ausstrahlung ihrer Werke erreicht, die nichts Adeptenhaftes enthält. Auch wenn «ihr Hausberg», wie sie ihn nennt, der Mount Tamalpais, sichtbar in der Bucht von San Francisco von ihrem Wohnort Sausalito aus. Im Erleben ihrer dieser – wieder nach ihren eigenen Worten – mystischen Begegnung mit diesem Berg lotet sie die Tiefen der eigenen Existenz aus.

Ohne Titel, 2012. Öl auf Leinwand, 32 x 41 cm. Private collection, Hamburg; courtesy Sfeir-Semler Gallery, Hamburg / Beirut

Man erkennt die Chiffre des Bildinhaltes spontan: Paul Klee: «Der Niesen» (1915) und «Ad Parnassum» (1932), oder auch Cézannes «Mont Saint-Victoire» (1885 und später immer wieder), oder Hodler «Niesen» (z. B. ca. 1910). Die Paraphrasen von Etel Adnan sind in ihrer Summe vielseitige und persönliche Interpretationen, überzeugen allerdings auch von der Bedeutung einer Art von «Lebensmotiv», Teil der Persönlichkeit der Künstlerin.

Rihla ila Jabal Tamalpaïs, (Reise zum Mont Tamapaïs), 2008. Leporello, Aquarell und Tusche auf Japanpapier. Gedicht von Etel Adnan auf Arabisch übersetzt. 54 Seiten, 30 x 567 cm.  Collection Claude & France Lemand, Paris, ©Etel Adnan. Courtesy Galerie Claude Lemand, Paris.

Die reiche Fülle von Abstraktionen dieses Bergmotivs erstaunt und lässt ahnen, wie vielseitig, lebendig und fantasiereich die Beschäftigung der Künstlerin mit den Vorgängen ihrer «inneren Sicht der Dinge» vor sich geht.

 

 Links: Ohne Titel, 1970–1973. Tinte auf Papier, 20.9 x 14.6 cm Courtesy the artist and Sfeir-Semler Gallery, Hamburg / Beirut. Rechts: Etel Adnan. © Etel Adnan, courtesy Galerie Lelong & Co. Paris

Schliesslich soll nicht unerwähnt bleiben, dass Farbgestaltung und, mit zunehmenden Entstehungsjahren, die überaus klare formale Konzeption der Bilder und Tapisserien als Markenzeichen von Etel Adnan nachhaltig beeindrucken.

Sowohl der kleinformatige Ausstellungsführer als auch der englischsprachige Katalog enthalten eine reiche Fülle an Informationen und an persönlichen Aussagen und Originalzitaten der Künstlerin.

Ohne Titel, 2014. Öl auf Leinwand, 32 x 41 cm. Collection Claude & France Lemand, Paris, © Etel Adnan. Courtesy Galerie Claude Lemand, Paris

Die Ausstellung dauert bis 7. Oktober 2018

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