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Was bringt die Zukunft?

Was will die Vereinigung für Zukunftsforschung «swissfuture»? – Co-Präsident Dr. Andreas M. Walker gibt Antwort

«swissfuture» ist eine der vielen in immer anderen Facetten und mit verschiedenen Zielsetzungen in der Schweiz tätigen Institutionen, die Szenarien über mögliche Entwicklungen in der Zukunft unseres Landes und der darin lebenden Menschen entwerfen. Das Titelbild zeigt einen Ausschnitt aus dem viermal jährlich erscheinenden Magazin zu je einem speziellen Thema. Die Fragen stellte der Ressortleiter «Gesellschaft» von Seniorweb-WISSEN.

Die zukunftsgerichtete Vereinigung «swissfuture» gibt es schon lange…

Andreas M. Walker (AW): Gegründet wurde die Vereinigung 1970. Unter den Gründern – es lassen sich nicht alle 76 Einzelmitglieder hier aufzählen, welche die Gründungsurkunde nennt – finden wir unter namhaften Vertretern des politischen und wissenschaftlichen Lebens den Volkswirtschaftler Bruno Fritsch, den Gesundheitsökonomen Gerhard Kocher, BR G.-A. Chevallaz, NR W. Allgäuer, Jean Ziegler und manche andere. Bedauerlicherweise nur eine einzige Frau.

Woher kamen die Beweggründe, der Impuls zur Gründung?

AW: Am 20. Juli 1969 landete mit Apollo 11 der erste Mensch auf dem Mond. Damals entwickelte sich eine regelrechte ‘‘Apollo-Euphorie‘‘, alles schien jetzt technisch möglich, der wissenschaftlichen und technischen Zukunft sah man keine Grenzen mehr gesetzt. Im Gegensatz zu diesem Zukunftsoptimismus erschien 1972 der Bericht des Club of Rome, ‘‘Die Grenzen des Wachstums‘‘. Im Spannungsfeld dieser beiden Strömungen wirkte das Thema Zukunft höchst attraktiv. Deshalb engagierte sich auch eine erstaunlich grosse Zahl forschender und lehrender Akademiker als Mitglieder, während den über 40 Jahren leider immer primär Männer.

Ziele und Konzepte von „swissfuture“ sind seit der Gründung kaum unverändert geblieben – wie haben sie sich weiterentwickelt?

AW: Am Anfang bestand die Absicht, ein eigenes akademisches Institut zu errichten, um die Zukunftsforschung zu einer akademischen Disziplin zu entwickeln. Doch ein solches Vorhaben braucht Studierende und vor allem viel Geld. Für rein technologische Projekte und auch solche, die spezifischen Interessenten (z. B. aus der Wirtschaft) dienen, ist die Geldbeschaffung einfacher. An der ETH und der HSG sind nahestehende Institute mit vielen personellen Verflechtungen entstanden.

Wir sind heute erfreulicherweise Mitglied bei der Schweizerischen Akademie für Geistes- und Sozialwissenschaften. Als Akademiker wollen wir einen Gegensatz zu allen esoterischen Vereinigungen schaffen, die sich mit Zukunftsszenarien befassen. (Was mir in einer Ausgabe der „Weltwoche“ die Bezeichnung „wissenschaftliches Pendant zu Mike Shiva“ eintrug…) Es geht uns betont um wissenschaftliche Methodik in der Prognostik mit (wie erwähnt) deutlicher Abgrenzung zur Esoterik, jedoch ebenso zur religiös bestimmten Prophetie.

Eigentlich kann «swissfuture» auf verschiedene Phasen zurückblicken.

Die erste davon war die ‘Aufbruchphase’ der Gründerzeit.

Die Siebziger bis Neunzigerjahre könnte man als ‘Aktive und öffentliche Phase’ bezeichnen, die Phase vor dem Internet. Wir hatten da an die 2’500 Mitglieder, die unser Bulletin mit umfangreichen News aus der ganzen Welt abonniert hatten und an den grossen Konferenzen teilnahmen.

Zur Jahrtausendwende hat uns die Zukunft überholt, da Google unser damaliges Bulletin absolet machte. Vielleicht wird man ja eines Tages die Zeitalter nicht mehr mit «v.Chr» und «n.Chr,», sondern mit «v.www.» und «n.www.» bezeichnen! Andererseits war das Präsidium in den Jahren 1988 bis 2004 auch stark weiblich geprägt mit der späteren Bundeskanzlerin Annemarie Huber-Hotz, Elisabeth Michel-Alder, Sylvia Egli von Matt oder Regula Stämpfli.

Die aktuelle Phase umfasst das letzte Jahrzehnt. Wir begannen mit der «Wertewandel-Studie», und 2009 mit dem jährlichen «Hoffnungsbarometer», verbunden gleichzeitig mit der Partnerschaft mit Seniorweb in dessen damaliger Struktur. 2009 wurde ich auch als Co-Präsident gewählt. Ursprünglich war der Gedanke des Co-Präsidiums wohl, dass es sich aus einem Mann, einer Frau und einer Vertretung der französischen Schweiz zusammensetzen sollte. Die Sektion Suisse Romande ist an der Generalversammlung im Juni 2017 endlich gegründet worden, mein Co-Präsident ist Cla Semadeni – bloss die Gewinnung von Frauen für Vorstand oder Präsidium fällt uns bedauerlicherweise sehr schwer.

Mitglieder werden sich wohl vor allem aus akademischen Kreisen rekrutieren…

Dr. Andreas M. Walker, Co Präsident «swissfuture”

Mitglieder bei „swissfuture“ können alle Personen in der Schweiz und im Ausland werden, die sich für Zukunftsthemen interessieren. Einzelmitglieder bezahlen als Jahresbeitrag Fr. 100.00; Kollektivmitglieder (Firmen) Fr. 280.00, Studierende Fr. 30.00. Der Akademikerstatus ist also nicht Voraussetzung für die Mitgliedschaft, „swissfuture“ ist jedoch im akademischen Milieu und der entsprechenden Denk-und Argumentationsweise angesiedelt. Auch unsere Zeitschrift, das viermal jährlich zu speziellen Themen erscheinende Magazin zur Zukunftsmonitoring, erhebt durchaus akademischen Anspruch und ist auch akademisch anerkannt. Kein «Vereins-Heftli» also, sondern eine wissenschaftliche Publikation! Unsere Referate, Workshops und Veranstaltungen richten sich an gesellschaftlich, politisch und wissenschaftlich interessierte Teilnehmer, dabei achten wir auf parteipolitische und konfessionelle Neutralität.

Es interessiert uns auch das Spektrum der bei «swissfuture» behandelten Themen.

AW: Grundgedanke unserer Tätigkeit ist die Frage: Was bedeuten die neuen Technologien für das künftige Zusammenleben? Wir bemühen uns um eine gesellschaftswissenschaftliche Annäherung auch an die Problematik rein technischer Zukunftsaussichten. Dabei sind wir eben Generalisten und keine Spezialisten, weder der Klima-, der Konjunktur- noch der finanzwissenschaftlichen Problematik. Wir sind auch keine IT-Nerds. Wir arbeiten daran, uns möglichen zukünftigen Folgen der expandierenden Technologie vor allem aus Sicht von Gesellschaft, Politik, Wirtschaft und Kultur zu nähern. Dabei arbeiten wir in strategischen – durchaus auch militärstrategischen – Dimensionen, Verhältnissen und Vorgängen, eingedenk der Tatsache, dass selbst Alexander der Grosse das Orakel von Delphi aufsuchte, um zu erfahren, ob seine Kriege erfolgreich seien. Auch das Wissen um zukünftige Bedrohungslagen gehört zur gesellschaftswissenschaftlichen Zukunftsforschung.

Wie anfangs dargelegt, steht «swissfuture» gewissermassen in Konkurrenz mit andern zukunftsgerichteten Institutionen und Vereinigungen – worin besteht zur Hauptsache die Abgrenzung?

AW: Primär ist «Avenir Suisse» zu nennen, basierend auf einer Förder-Stiftung dergrössten Schweizer Firmen. Dieser neoliberale Think Tank agiert eigentlich als strategische Lobbying-Organisation und untersucht Themen, die für die führenden Vertreter der Schweizer Wirtschaft von Interesse sind und gibt entsprechende wissenschaftliche Studien heraus. Diese de jure unabhängige Stiftung vertritt so de facto die Sichtweise einer wirtschaftlichen und politischen Richtung.

Eine weitere sich mit Zukunftsforschung beschäftigende Institution ist das Gottlieb-Duttweiler-Institut (GDI). Es war in den Achtziger- und Neunzigerjahren eng mit «swissfuture» verbunden; dessen Direktor Christian Lutz war 1980 bis 1998 auch unser Co-Präsident. Das GDI ist ein Think Thank und Forschungsinstitut, das ursprünglich der Migros sehr nahestand.

Unter die zukunftsorientierten Einrichtungen und Vereinigungen fallen auch verschiedene Universitätsinstitute im Bereich Innovation, Orts- und Raumplanung sowie zahlreiche einzelne Berater und Beratergruppen. Ebenso wäre noch «Zukunft Schweiz» zu nennen, ein konservativer Think Thank, welcher der EDU und evangelikalen Freikirchen nahesteht.

Zu bemerken ist, worin wir uns von diesen «Konkurrenzorganisationen» unterschieden: «swissfuture» ist ein wissenschaftlicher Verein mit offener Mitgliedschaft. Unser Selbstverständnis entspricht einer «community», in der sich gesellschaftlich interessierte Bürger gut aufgehoben fühlen dürften. Unsere Aktivitäten stützen sich auf Interessen und Ideen der Mitglieder. Vor allem jedoch sind wir auf deren Bereitschaft angewiesen, sich persönlich zu engagieren, denn «swissfuture» hat weder einen Leistungsauftrag noch ein entsprechend gebundenes Budget.

Wie stellt sich «swissfuture» zu den Generationen, den Jungen und den Senioren?

AW: Wir haben sowohl alte wie junge Mitglieder und betreiben keine spezifische Interessenspolitik irgendeiner Generation. Das Thema der demographischen Veränderungen ist jedoch sehr relevant für unsere Zukunft. Wir stellen uns Fragen wie «Was bedeutet Kind-Sein in der Zukunft?» aber auch «Wie sterben wir in Zukunft?». Uns interessieren zukunftsorientierte Themen in ihren verbundenen Zusammenhängen, etwa «Generationen und IT» «Pflegeroboter und Schulroboter», – einfach «Generationen und … (usw. alles Denkbare)»

Vielen Dank, Andreas Walker, für das aufschlussreiche, interessante Gespräch.

www.swissfuture.ch

www.weiterdenken.ch

 

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