StartseiteMagazinGesundheitWas und wie alles unter die Haut geht

Was und wie alles unter die Haut geht

Feuchtigkeitscrèmes, Peelings, Öle – wenn es nach der Hautärztin Yael Adler geht, sollte man sich all diese Schönheitselixiere abschminken. Nein, nicht abschminken, gar nie auftragen.

Die Dermatologin Yael Adler hat mit «Haut nah» ein allgemeinverständliches, informatives Fachbuch über das grösste Organ und die grösste Hormonfabrik des Menschen geschrieben. Unterhaltsam zu lesen, inhaltlich aber ganz schön schwer verdaulich.

Schönmacher unter der Lupe

Denn alles, was wir Frauen und vielleicht auch ein paar Männer in Sachen Hautpflege unternehmen, um möglichst lange jung und faltenfrei durchs Leben zu gehen, stellt Doktor Adler auf den Prüfstand – und lässt das meiste durchfallen. Sogar das alltägliche Waschen, Duschen oder Baden, das doch aus einem miefenden Wesen erst eine sozial verträgliche Person macht, wird im Buch in Frage gestellt.

Hautpflege aus Sicht einer Dermatologin – das regt ganz schön zum Nachdenken an.

«Wer zu viel seift , stinkt!» heisst ein Kapitel, das unsere Vorstellungen eines zivilisierten Nebeneinanders ziemlich über den Haufen wirft. Denn all die Duschgels und Schäumchen, die Deos und Lotions, die uns tagtäglich helfen, frisch und porentief rein aus dem Haus zu gehen, verbucht die Autorin unter «Katastrophenalarm». Und das Babyöl, mit dem ein kleines Wesen nach dem Bade liebevoll eingecremt wird, das ist bei ihr eine «fahrlässige Körperverletzung.»

Natürlich liefert sie umgehend Erklärungen für ihr Ausschlussverfahren: Seife und andere alkalische Reinigungsstoffe zerstören das saure Mikroklima auf unserer Haut und Keime können sich vermehren, «die unseren eigentlich guten Körpergeruch in Richtung bäh ändern». Und Babys verlieren durch Öl, das sich mit den Lipiden auf der Epidermis verbindet und diese einfach auswäscht, massiv an Feuchtigkeit. Und wer will denn schon seine kleine Maus auf dem Wickeltisch vertrocknen lassen?

Pipi gegen trockene Haut?

Das Baden in einem pflegenden Ölbad könnte ein Schädel-Hirn-Trauma auslösen – weil die Wanne dabei so glitschig wird. Besser wäre es, den Körper nach dem Baden mit Urin einzureiben, der Wasser bindet und als ungiftiges Feuchthaltemittel Wunder wirkt, sogar bei Hornhaut. Wen es jetzt schüttelt vor Ekel, dem muss ich gestehen, dass ich da etwas überzitiert habe. Ganz so krass rät es die Dermatologin nicht. Zwar hätten sich Menschen früher wirklich mit Urin gepflegt, schreibt sie, «das roch aber streng». Was sie empfiehlt, das sind Pflegeprodukte, die Urea enthalten, also Harnstoff, der geruchs- und keimfrei gemacht wurde.

Ein grosses Lesespass

«Haut nah» ist aber viel mehr als eine Abrissbirne, die mit all unseren lieb gewordenen Pflegeritualen rigoros aufräumt. Es ist ein informatives, flüssig geschriebenes Buch, das zwar etliche vor allem von der Kosmetikwerbung verbreiteten Mythen zur Körperpflege in Frage stellt, aber sich insgesamt wie eine spannende Entdeckungsreise durch ein unbekanntes Universum – unsere Haut – liest.

Denn auch wenn wir ständig Hautkontakt haben, mit uns selber oder mit andern, so richtig als Organ nehmen wir die Haut selten wahr. Sie ist vor allem eine schützende Hülle. Ausser wir verbrennen uns, leiden unter einem Ekzem, schwitzen beim Sport oder merken, wie es zu kribbeln beginnt, wenn uns jemand auch nur anschaut, der uns nicht gleichgültig ist.

Die Haut, ein faszinierendes Organ, das vernetzt ist mit allen körperlichen und seelischen Funktionen. Die Härchen stellen sich auf bei Kälte, aus Schreck – oder weil uns jemand, den wir sehr mögen, nahe kommt.

Denn die Haut ist alles gleichzeitig: Ein stabiler Schutz gegen Einflüsse von aussen, ein Warninstrument, etwa mit Pusteln oder Ekzemen, wenn im Körper etwas nicht stimmt, ein empfindlicher Gradmesser für Befindlichkeiten, seien das nun Kälte oder Hitze, Schmerzen, Reibung – und auch ein wichtiger Faktor für sexuelle Anziehungskraft.

Du riechst so gut!

Haut hat einen eigenen Duft, ist also auch ein körpereigenes Parfümflakon, das durch Duftdrüsen gespiesen wird. Die meisten von ihnen befinden sich in der Achsel- und Genitalregion und am Po, dem in Sachen Duft ein eigenes Unterkapitel gewidmet ist. Und, bitte sehr, dort stinken wir nicht, wir riechen.

Die Autorin, Dermatologin mit eigener Praxis, geht auch differenziert und keineswegs nur negativ auf die verschiedenen invasiven Verjüngungsmethoden wie Botox oder Hyaluronsäure ein. Invasiv heisst, unter die Haut gespritzt. Denn aufgetragen nützten diese chemischen Jungbrunnen rein gar nichts, betont Adler. Dass Botox seinen Namen von verdorbenen Würsten bekommen hat, also ein Nervengift ist, erwähnt sie ebenso wie seine zweifellos auch positiven Vorzüge.

Wer sich ein Tatoo stecken lässt, löst im Körper Katastrophenalarm und eine grosse Hektik aus. Immunzellen und Lymphen wehren sich mit aller Kraft gegen den Fremdkörper Farbe – meist vergeblich.

Auch Hyaluronsäure taxiert sie als Mittel mit grossem Nutzen – wenn es wohl dosiert und fachmännisch eingesetzt wird. Tatoos kommen da schon wesentlich schlechter weg, ebenso Solarienbesuche.

Nebst einem Kapitel über krankhafte Hautveränderung oder -krankheiten nimmt die Ernährung einen wichtigen Platz ein, vom Stoffwechsel-Feintuning bis zu krank machenden Ernährungsgewohnheiten.

Keine Wundermittel

«Haut nah» ist kein Zauberbuch, das das Geheimnis ewig faltenfreier, jugendlicher Haut verrät. «Da hätte man ein Buch über Photoshop schreiben müssen», meint die Autorin. Es ist auch kein medizinischer Ratgeber zur Behandlung all der Pusteln und Geschwüre, die auf der Haut wachsen können. Es ist ein witziges, kritisches Buch über einen faszinierenden Aspekt unseres Körpers, um den man sich partiell viel zu viel kümmert. Denn, ich zitiere: «Die Haut kann sich nämlich ganz gut um sich selbst kümmern. Da reichen ein Paar Badelatschen in der Sauna, ein sparsamer Umgang mit Seife, eine ausgewogene Ernährung, (… ) und masslos sein, wenn man die Haut mit Küssen und Liebe verwöhnen kann.»

Nur eines hat die Autorin nicht bedacht: Wie gut es einer Frau gehen kann, wenn sie sich mit einer neuen, duftenden Creme einreibt. Ja, wer das Buch gelesen hat, weiss es – Katastrophenalarm. Und doch strahlen Haut und Frau bei solch einem taktilen Verwöhnprogramm – viel mehr als beim Waschen nur mit Wasser.

Yael Adler: «Haut nah», Droemer, 336 Seiten.

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