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Wenn Bürger Einfluss nehmen….

…erschrecken Politiker und verlieren ihre Contenance. 

Es war der erhellenste Moment der rund 70minütigen Arena zum Thema „Kuhhandel“, genauer zum Beschluss des Ständerates, die Unternehmenssteuer-Reform mit der Sanierung der AHV zu verknüpfen. Dimitri Rougy, ein 20jähriger Student vom Referendumskomitee gegen die Sozialdetektive, liess sich in der Sendung nicht unterkriegen; er markierte lakonisch und überzeugend: „Ich kann das selber erklären“. Er desavouierte damit gleich zwei: sowohl Jonas Projer, den Moderator, als auch den immer wieder überschätzten Polit-Experten Michael Hermann, der überhastet formuliert, zu Sätzen ansetzt, sie dann wieder fallen lässt und neu beginnt.

Was war geschehen? CVP-Ständerat Pirmin Bischof, Präsident der Kommission, die den Kompromiss im Ständerat geschmiedet hatte, stellte spassig fest, dass Projer die laufende Arena auch mit zwei völlig anderen Themen konzipiert, eben auch die Einheit der Materie verletzt habe, wie das der Ständerat mit der Verknüpfung der beiden Themen getan habe. Dimitri Rougy erklärte danach ruhig, gar gelassen, warum er und sein Komitee innert kürzester Zeit ohne Unterstützung von Parteien, Verbänden und Institutionen das Referendum gegen die Sozialdetektive zustande brachten, über 50’000 Unterschriften innert 65 Tagen sammeln konnten. Mit einem Aufruf über das Internet hätten sich 10’000 Menschen gemeldet, und mit ihnen zusammen sei es gelungen, das zu bewerkstelligen, was nun alle überrascht: das Referendum. Das Gesetz sei eben ein Überwachungsgesetz, das zu weit gehe. Der Ort, von dem aus in die Wohnungen, bis ins Schlafzimmer mit technischen Mitteln geschnüffelt werden könne, sei nicht klar definiert. Vier anerkannte Staatsrechtler, selbst der Bundesrat seien weit vorsichtiger in ihren Argumentationen gewesen. Projer, angestrengt und ungeduldig, meinte nun, den Experten Hermann ins Spiel bringen zu müssen, er könne erklären, um was es wirklich gehe. Das liess sich Dimitri Riugy schlicht nicht bieten. Eben: „Ich kann das selber erklären“.

Noch weit auffälliger agierte FDP-Ständerat Phiipp Müller in der vorangegangenen Arena zum Thema „Europa.“ Er überschüttete Lukas Wegmüller, den jungen Generalsekretär der Neuen europäischen Bewegung Schweiz Nebs, der sich vehement für einen Beitritt der Schweiz zur EU einsetzte, mit einem immer lauter werdenden Wortschwall sondergleichen. Er kanzelte Wegmüller regelrecht ab, er verstehe das Schweizer System nicht, die Subsidiarität, den Föderalismus, die direkte Demokratie schon gar nicht, all das müssten wir opfern. Albert Rösti, SVP-Präsident, machte es sich noch einfacher. Er bezeichnete die Argumente von Lukas Wegmüller schlicht als „völligen Blödsinn“. So einfach ist es, so gehen Politiker mit Andersdenkenden um, auch wenn sie immer wieder behaupten, das Ohr am Stammtisch, beim und am Volk zu haben.

Was sagten diese Momente in der Arena aus, was kommt dabei zum Vorschein? Eine Überheblichkeit der Medien, der Politikerinnen und Politiker gegenüber den Nichtpolitikern, den Nichtexperten, eine Überheblichkeit gegenüber den „normalen“ Bürgerinnen und Bürgern, die sich einlassen auf die Politik, die genau das tun, was die gleichen Politikerinnen und Politiker in ihren Sonntagspredigten immer wieder fordern, insbesondere auch am 1. August: „Geht an die Urnen, macht mit, mischt Euch ein.“

Zweifellos: Mit den neuen Medien, mit den neuen technologischen Möglichkeiten entstehen neue Formen der Einflussnahme auf die Politik. Umso bemerkenswerter ist der Deal, den der Ständerat bei der Unternehmenssteuer und bei der Sanierung der AHV zustande brachte. Die vier grossen Parteien einigten sich auf einen, wenn auch unkonventionellen Weg. Sie zogen die Lehren aus den verloren gegangenen Abstimmungen zu den gleichen Themen. Sie kamen ihrem Führungsanspruch als Legislative nach. Sie haben gleichsam erkannt, dass die neuen Medien zu neuem Einfluss kommen. Dem können sie nur entgegentreten, wenn sie ihre Aufgaben wahrnehmen, wenn sie nicht nur das eigene Profil der jeweils eigenen Partei zu schärfen versuchen, sondern zu Kompromissen bereit sind, die allen, den Bürgerrinnen und Bürgern dienen. Die neue Unternehmenssteuer ist dringend, an der Sanierung kommt keine Politikerin, kein Politiker vorbei. So einfach ist das. Wo ein Wille ist, da ist auch ein Weg. Der Ständerat hat ihn vorgezeichnet. Gut so.

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