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Wenn das Parlament versagt …

… bleibt die Rentenreform auf der Strecke

Was wird uns da für ein Schauspiel im Bundeshaus zu Bern geboten. Seit drei Jahren basteln National- und Ständerat an der Berset-Reform „Vorsorge 2020“ herum. Und kommen schlicht nicht vom Fleck. Die beiden Kammern trotzen einander. Zurzeit läuft das sogenannte Differenzbereinigungsverfahren; die beiden Kammern sollen sich auf eine Lösung einigen. Doch beide Räte schalten auf stur, geben noch keinen Millimeter nach. Aller Voraussicht nach wird es am 14. März zu einer Einigungskonferenz kommen, in der beide Kammern paritätisch vertreten sind. Und schliesslich muss dann der – vielleicht – daraus entstandene Kompromiss in den Schlussabstimmungen am 17. März in beiden Räten durchkommen. Wenn nicht, heisst es: zurück zum Start. Drei Jahre Arbeit für die Katz.

Das politische Gerangel, das unwürdige Spiel um Macht und Einfluss, hat bereits unabsehbare Folgen: Animiert durch das Kampfgetöse im Bundeshaus melden sich immer mehr Interessenorganisationen, die nicht hinnehmen wollen, was die Kontrahenten im Parlament, wie auch immer, durchsetzen wollen. Sie fühlen sich aufgerufen, sich schon jetzt wortgewaltig einzumischen. Aktive Linke in der Westschweiz wollen weder eine Reduktion des Umwandlungssatzes noch eine mögliche Erhöhung des Renteneintrittsalters. Frauenorganisationen wollen das Frauen-Renteneintrittsalter 65 auf keinen Fall zulassen. Die Jungsozialisten lehnen die ganze Reform ab, die Jungfreisinnigen sind gegen die 70 CHF und drohen mit dem Referendum. Und die Wirtschaftsverbände wollen ihre Pfründen schützen. Es droht ein Desaster. Die Reform erleidet möglicherweise gar Schiffbruch, was angesichts des Reformstaus schlich unverantwortlich wäre. Nicht verwunderlich, dass die Pensionskassen in einem dringenden Brief an die Frauen und Mannen im Parlament appellieren, die Reform nicht scheitern zu lassen.

Blenden wir kurz zurück. Am 20.11. 2013, vor mehr als drei Jahren, hat Bundesrat Alain Berset das Projekt „Vorsorge 2020“ vorgestellt. Schon damals sprach er eindringlich davon, dass nur eine ausgewogene Vorlage dannzumal vor dem Volk Gnade finden würde. Er gab damals den Startschuss für die Beratungen im Parlament. Mit der Zeit kristallisierten sich in den beiden Kammern zwei völlig unterschiedliche Reformwege heraus.

Der Ständerat setzt auf eine gangbare, ausgewogene Lösung und insbesondere auf eine Stärkung der ersten Säule, der AHV. Er will als starkes Zeichen die Reduktion des Umwandlungssatzes auf den obligatorischen Teil der zweiten Säule von 6,8 auf 6 % mit den von der Gegnerschaft verächtlich gemachten 70 CHF pro Monat für Neurentner kompensieren. Das Renteneintrittsalter der Frauen will er zwar auch auf 65 erhöhen, die automatische Möglichkeit, das Renteneintrittsalter auf 67 setzen zu können, will er in dieser Reform aber ausschliessen.

Der Nationalrat dagegen ist in letzter Minute vor der Parlamentsdebatte vor der Finanzbranche auf die Knie gegangen. Die vorberatende Kommission der grossen Kammer hat dabei die Wünsche der mächtig agierenden Lobby aufgenommen, die dahin gehen, dass die zweite Säule mit höheren Beiträgen ausgebaut werden soll. Nicht verwunderlich, streicht doch die Finanzbranche, insbesondere die Versicherungswirtschaft, jährlich gegen 7 Mia. CHF für Anlagekosten, die Bewirtschaftung und die Organisation der zweiten Säule ein. Diese Erträge will sich die Finanzbranche nicht nur sichern, sondern noch erhöhen. Wie weit diese Kosten gerechtfertigt sind, ist ganz schwer auszumachen, vor allem sind sie weit höher als die bei der ersten Säule, soweit sich dies vergleichen lässt.

Auf einen kurzen Nenner gebracht: Die ständerätliche Mehrheit aus SP und CVP setzt auf die solidarische ausgerichtete 1. Säule, die Mehrheit im Nationalrat mit FDP und SVP und unter gütiger Mithilfe der Grünliberalen und der BDP auf Eigenverantwortung, auf das Kapitaldeckungsverfahren, in dem jeder Einzelne für sich selber spart, ohne dass er direkt darauf Einfluss hat. Und letztlich beugt sich die Nationalrats-Mehrheit vor der starken Lobby der Finanzbranche, der Wirtschaftsverbände, die ihre treuen Vertreter im Parlament in Gang gesetzt haben. Und das in einem Umfeld, in dem die Anlagemanager der 2. Säule grosse Mühe haben, die notwendigen Renditen an den Kapitalmärkten mit den tiefen Zinsen zu erzielen.

Wo sind die Gründe für das drohende Desaster zu finden? Viele, zu viele Parlamentarier im Nationalrat sind sich ihrer Aufgabe, ihrer Verantwortung noch viel zu wenig bewusst. Das Polittheater das sie jetzt vorführen, ist unserer direkten Demokratie so nicht würdig. Denn das Parlament hat Lösungen zu präsentieren, die vor dem Volk angenommen werden können, die ausgewogen sind, die die Interessen der Bevölkerung berücksichtigen. Das Beharren auf unverrückbaren Positionen ist unschweizerisch, demokratiefeindlich. Jetzt ist die Mitte gefragt. Die Grünliberalen, die BDP könnten entscheiden, ob sie zu dem fähig sind, was im Parlament Not tut: den freundeidgenössischen Kompromiss zu finden. Nur, und das ist schlicht tragisch: Das nutzlose Gerangel hat Geister in die politische Arena gerufen, die nur eines wollen: ihre Interessen sichern. Sie gefährden schon jetzt die letzte, kleine Hoffnung, dass Bersets Reform „Vorsorge 2020“ doch noch gelingt, wie er dies schon 2013 forderte: eine ganzheitliche Lösung. Das Parlament kann sich jetzt noch einigen, der Öffentlichkeit vorführen, dass es verantwortlich zu handeln fähig ist.

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