Stille ist überall

Stille – welch ein kostbares Gut in unserer schnelllebigen Zeit! Der norwegische Weltwanderer Erling Kagge hat darüber ein tiefsinniges Buch geschrieben.

Zur Ruhe kommen, innerlich und äusserlich still werden und sich selbst begegnen. Das ist der Wunsch vieler gestresster Menschen gerade in vorweihnächtlicher Zeit. Doch: Was ist Stille? Wo ist sie? Warum ist sie heute wichtiger denn je? Antworten darauf fand ich im Buch «Stille» von Erling Kagge. Das Buch ist anders gestrickt als die meisten Bücher, die ich über Stille kenne. Meist geht es in diesen Büchern um Meditation, Achtsamkeit, Zen, um die Anwendung einer bestimmten Technik, für die man oft viel Geld ausgibt.

Ein schmales, aber weises Buch

Der Norweger Erling Kagge ist ein Multitalent, bezeichnet sich als Verleger, Autor, Jurist, Kunstsammler und Abenteurer. Er ist der erste Mensch, der als Abenteurer alleine an den Südpol marschierte und der erste, der die sogenannten drei Pole, also Südpol, Nordpol und Mount Everest bezwang, der über den Atlantik bis in die Karibik und zurück nach Norwegen segelte. Nun hat er ein schmales, aber weises Buch über die Stille geschrieben. Es geht ihm nicht um die Stille, die «um einen herum» ist, sondern um die, «die in einem ist». Wie man diese innere Ruhe und Ausgeglichenheit in sich selbst schaffen kann, zeigt der 51-Jährige in 33 philosophisch inspirierten Essays.

Der Weltenbummler Kagge berichtet, dass Stille nicht nur die Abwesenheit von Geräuschen ist. Sie ist auch dort zu finden, wo es niemals leise ist. Denn an welchen Orten ist es denn wirklich still? Selbst als Kagge die menschenleere Antarktis bereiste, gab es in der Welt des ewigen Eises die vollkommene Stille nicht, obwohl er sie für sich gerade dort gefunden hat, wie er in seinem Buch schreibt.

Stille – ein «kostenloses Luxusgut»

Es sind kurze Texte, in denen Kagge von seinen Erfahrungen und Erlebnisse an verschiedenen Orten der Welt berichtet und seine Gedanken zur Stille äussert, die er als «kostenloses Luxusgut» bezeichnet, gerade in unserer modernen, hektischen Zeit. Jeder ist seiner eigenen inneren Stille Schmied, ist sich Kagge gewiss. Und er verrät, wie diese kostbaren Momente an sogar von Hektik und Lärm geprägten Orten gefunden werden können. Schaut man Kagges Vita an, wird man sich bewusst, dass es sich bei ihm um einen Getriebenen, um einen Workaholic handelt. Er weiss, was es bedeutet, nicht mit seinen Gedanken allein sein zu können. Genau deshalb schrieb er das Buch.

Doch Kagge belässt es nicht nur bei seinen eigenen Gedanken, die sehr persönlich sind. An vielen Stellen zitiert er Philosophen, Schriftsteller, Künstler, wie beispielweise den Schriftsteller Jon Fosse, die Philosophen Immanuel Kant, Ludwig Wittgenstein und Martin Heidegger, der einmal sagte: «Die Welt verschwindet, wenn man darin aufgeht». Dieses Verschwinden ist für Kagge der Moment vollkommener Stille.

«Es schmeckt nach Ausbeutung»

Und Kagge spart nicht mit Kritik an der digitalen Welt. Dazu schreibt er: «Aber leider werden wir nicht zu einer Ressource füreinander, sondern zu etwas weniger Angenehmem. Zu einer Ressource für Organisationen wie Apple, Facebook, Instagram, Google, Snapchat und den Staat, denen es dank unserer eigenen, freiwilligen Hilfe gelingt, sich ein genaues Bild von uns zu machen, das sie verkaufen oder selbst verwenden können. Es schmeckt nach Ausbeutung».

Weihnachten ist das Fest der Stille und Besinnung. Kagges Buch «Stille» fordert nicht lehrerhaft ein bewussteres Leben ein, vielmehr regt es zum eigenen Nachdenken an, gibt dem Leser einen kleinen Schubser, sich mit Fragen der Stille und ihrer Bedeutung zu beschäftigen. Das mit Werken zeitgenössischer amerikanischer Künstler und Fotografien des Autors bebilderte Buch ist per sei ein Gesamtkunstwerk, das sich durchaus als ein besonders wertvolles Geschenk an Weihnachten eignet.

 

Erling Kagge, Stille. Ein Wegweiser, Insel Verlag, in der Übersetzung aus dem Norwegischen von Ulrich Sonnenfeld; 144 Seiten; ISBN: 978-3-458-17724-1

 

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Red.: Mit «Wie klingt denn Weinachten?» eröffneten wir unsere Weihnachtsserie «Alle Jahre wieder», mit «Stille ist überall» beenden wir sie. Hier die Links zu den veröffentlichten Beiträgen:

  • Wie klingt denn Weihnachten? (Bernadette Reichlin)
  • Schon wieder ein neuer Kalender (Maja Petzold)
  • Werken in der Stille (Josef Ritler)
  • Der Samichlaus-Vers (Eva Caflisch)
  • Der kleine König aus Russland (Judith Stamm)
  • Licht und Freude (Fritz Vollenweider)
  • Weihnächtliche Traditionen (Joseph Auchter)

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