StartseiteMagazinGesellschaft"Ei, wie schmeckt der Kaffee süsse"

«Ei, wie schmeckt der Kaffee süsse»

Kaffee – ein beliebtes Getränk, dass süchtig machen kann. Ein kleines Buch vermittelt viel Wissenswertes darüber.

«C A F F E E, Trink nicht so viel Kaffee . . .» – erinnern Sie sich an diesen schönen Kanon, vertont von Wolfgang Amadé Mozart? Seit dem 17. Jahrhundert, seit dieses attraktive Getränk bei uns in Europa bekannt geworden ist, schwanken die Menschen ihm gegenüber zwischen Begeisterung und Ablehnung. Es wurde nicht nur als Genussmittel geschätzt, sondern auch als Heilmittel, als Aphrodisiakum gepriesen, aber auch geschmäht wegen der Gefahr, süchtig zu werden. Heute können viele den Tag nicht ohne Kaffee beginnen, und in vielen Schweizer Haushalten steht eine Kaffeemaschine.

Grund genug, sich genauer mit diesem Stoff zu befassen. Die Zahl der Publikationen über den Kaffee ist schier unüberblickbar, das handliche Sachbuch von Markus Berger, Kaffee. Ein psychoaktives Genussmittel dient bestens dazu, sich über die Pflanze und ihre Inhaltsstoffe, den Anbau und die Geschichte des Gebrauchs von Kaffee zu informieren. Das Buch berücksichtigt alle wesentlichen Fakten, enthält viele Zitate und ist doch leicht zu lesen. Langeweile kommt dabei bestimmt nicht auf.

Wie der Kaffee nach Europa kam

Als «Türkentrunk» wird Kaffee in dem oben erwähnten Kanon bezeichnet. In der Tat brachten die Türken bei ihren Eroberungszügen, die 1683 bis kurz vor Wien führten, die Lust auf Kaffee nach Europa. In diesem Jahr wurde in Wien das erste Kaffeehaus eröffnet. – Ein hübsches Paradoxon: Die gefürchteten Feinde, von mitteleuropäischen Heeren bekämpft und am Kahlenberg zurückgeschlagen, brachten den Kaffee mit, der schnell zum Lieblingsgetränk für alle wurde, die ihn sich leisten konnten. Auch anderes übernahmen die Begüterten damals, edle Stoffmuster zum Beispiel, und die Musiker bauten «orientalische» Elemente in ihre Kompositionen ein.

Schon lange vorher wusste man von den besonderen Wirkungen der Kaffeebohne, allerdings bestehen darüber nur wenige Aufzeichnungen. Berger führt verschiedene Quellen an, die darüber berichten, dass in Äthiopien eventuell schon im 9. Jahrhundert die aufputschende Wirkung der Kaffeefrüchte genutzt wurde. Zunächst wurden die Früchte oder die Samen der Kaffeepflanze gekaut, erst später röstete man die «Bohnen», eigentlich die Samen, und so entstand das Getränk. «In Konstantinopel», zitiert Berger ein Werk von Hermann Thoms, «führte Soliman der Grosse den Kaffee ein. Es entstanden dort die ersten Kaffeehäuser, die sog. ‹Schulen der Erkenntnis›.»

Türkisches Kaffeeset (aus Bosnien) © Silverije / commons.wikimedia.org

Bemerkenswert, dass der Sultan und sein Hof erkannt hatten, dass der Genuss von Kaffee Bewusstsein und Denken schärfen konnte. Von da an verbreitete sich nicht nur der Genuss von Kaffee, sondern auch Anbau und Handel. Ungefähr 1710 gründeten die Niederländer auf Java die ersten Kaffeeplantagen, in Brasilien begann man etwas später, zwischen 1750 und 1850. Erstaunlich, wie schnell und fast widerspruchslos sich dieses anregende Getränk durchsetzte. Heute, stellt Berger fest, ist Kaffee weltweit legal und «das populärste Stimulans» überhaupt.

Kaffee – sehr beliebt, manchmal verboten

Allerdings waren nicht immer alle von der positiven Wirkung des Kaffeetrinkens überzeugt. Denken Sie an den oben erwähnten Kanon. Dort heisst es: «. . . Schwächt die Nerven, macht dich blaß und krank, . . .» Man stritt immer wieder darüber, ob man das Laster des Kaffeetrinkens verbieten sollte. Berger zitiert den preussischen König Friedrich den Grossen, der Kaffee mit einer empfindlichen Steuer belegte, damit «sich das Volk wieder an Biersuppen gewöhne». Die nämlich hatte der König selbst in seiner Jugend bekommen. Prohibition war in Amerika um die Wende zum 20. Jahrhundert ein Thema: Damals wurde Coffein, also der Kaffee, in grossangelegten Propagandakampagnen verteufelt – wie später Alkohol oder Cannabis. Profitiert hat davon ein Unternehmer, der Kaffee-Ersatz verkaufen wollte. In Europa hatten Ersatzstoffe wie Zichorie oder Getreidekaffee vor allem in Kriegszeiten Erfolg.

Koffein – förderlich oder schädlich für die Gesundheit

1897 gelang es dem deutschen Chemiker und späteren Nobelpreisträger H.E. Fischer mit seinem Team, Koffein synthetisch herzustellen, lesen wir bei Markus Berger. Dieser Stoff, ein Purinalkaloid, gehört zu den natürlichen, kurzfristig wirksamen Stimulantien und befindet sich auch in den Stengeln, Blüten und Blättern der Kaffeepflanze, nicht nur in den Samen. In Java und Sumatra bereitete man auch aus den Blättern ein Getränk. Daneben gibt es zahlreiche andere Pflanzen, die Koffein bzw. das ähnliche Theobromin (Schokolade!) enthalten. Kaffee wirkt auf die Grosshirnrinde, den Kreislauf und auf das Zentrale Nervensystem, was wir als anregend (oder aufregend) wahrnehmen und Schlaflosigkeit oder Herzrasen verursachen kann. Durch das Rösten entstehen sogenannte Reizstoffe, die Magen- und Darmgeschwüre und verschiedene Krankheiten des Verdauungssystems verursachen können.

Andererseits führt der Autor verschiedene Indikationen an, wo Koffein als Heilmittel wirkt, über die nur der medizinisch Geschulte entscheiden sollte. Auch in der Volksmedizin, der Kräuterheilkunde und der Homöopathie werden Heilmittel aus der Kaffeepflanze verwendet.

Kaffeebaum mit Früchten in einer Kräuterfarm in Goa / Indien. Kommerziell angepflanzt, tragen die Bäume wesentlich mehr Früchte. – Sie dienen ja dem Lebensunterhalt der Kaffeebauern.

In diesem Buch erfahren wir ausserdem viel praktisches Wissen: über die verschiedenen Kaffeesorten, die Arten, Kaffee zu rösten, über die Zubereitungsformen oder die Mischgetränke mit Kaffee. Der Autor vergleicht das Coffein mit anderen psychoaktiven Stimulantien wie Cannabis und spricht über Kaffee als Liebesmittel: coffea aphrodisia. Er bringt neben Beispielen aus der Musik auch Zitate aus der Literatur. – Kurz gesagt, eine unerwartete Fülle an gehaltvollen, spannenden und amüsanten Informationen, ein Buch mit der Wirkung einer Tasse guten Kaffees.

Markus Berger: Kaffee. Ein psychoaktives Genussmittel.
Nachtschatten Verlag Solothurn 2018
144 Seiten, zahlreiche farbige Aufnahmen.
ISBN: 978-3-03788-535-2

«Ei, wie schmeckt der Coffee süße», Arie aus der Kaffee-Kantate von Johann Sebastian Bach, interpretiert von Emma Kirkby, Sopran, und The Academy of Ancient Music unter Christopher Hogwood

Rabatt über Seniorweb

Beim Kauf einer Limmex-Notruf-Uhr erhalten Sie CHF 100.—Rabatt.

Verlangen Sie unter info@seniorweb.ch einen Gutschein Code. Diesen können Sie im Limmex-Online-Shop einlösen.

Beliebte Artikel

Mitgliedschaften für Leser:innen

  • 20% Ermässigung auf Kurse im Lernzentrum und Online-Kurse
  • Zugang zu Projekten über unsere Partner
  • Massgeschneiderte Partnerangebote
  • Buchung von Ferien im Baudenkmal, Rabatt von CHF 50 .-

Kommentieren Sie den Artikel

Bitte geben Sie Ihren Kommentar ein!
Bitte geben Sie hier Ihren Namen ein